Das frühere Leben des Harald Burkart

Mitgliedsdaten legen nahe, dass der heutige Berliner Landesvorsitzende der Jungen Union mehrere Jahre in der AfD war. Schon zuvor fiel dieser mit rechten Beiträgen in Chats auf

Berlins JU-Vorsitzender Harald Burkart wurde aufgrund seiner muskulösen Erscheinungsweise von der „Bild“-Zeitung als „Hantel-Harry“ ­bezeichnet Foto: Kitty Kleist-Heinrich/tsp

Von Andreas Speit

Konservativ-liberal möchte der Chef der Jungen Union (JU) in Berlin sein. Nach der digitalen Wahl zum Landesvorsitzenden des Jugendverbandes der CDU im vergangenen Juli postete Harald Burkart selbstbewusst: „Ich bin der erste schwule JU Landesvorsitzende der JU Berlin und das ist auch gut so!“ Die zusätzliche Bemerkung dürfte auf den früheren Berliner SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit anspielen. 2001 machte er mit dieser Formulierung seine Homosexualität bei einem Parteitag der Berlin-SPD öffentlich.

Zur SPD hat Burkart eine besondere Beziehung. Mit 14 Jahren trat er nach eigenen Angaben den Sozialdemokraten bei und wurde Mitglied bei den Jusos. Rund zwei Jahre will Burkart „dabei“ gewesen, sagte er dem Tagesspiegel. Mitgliedsdaten, die der taz vorliegen, deuten jedoch auf eine weitere Parteizugehörigkeit hin: Demnach stellte die AfD im Jahr 2018 fest, dass die Post an einen Harald Burkart nicht zustellbar ist, weil dieser sich in Kanada befinde. Weiter einsehbar ist, dass dieser „Harald Burkart“ vom 4. Mai 2014 bis zum 27. April 2018 Mitglied der Partei war, mit der Mitgliedsnummer 105786931 des AfD-Kreisverbandes Baden-Baden/Rastatt. Die Daten sind zuvor der Antifa Freiburg zugespielt worden.

Eine erste Nachfrage der taz bei der JU Berlin blieb unbeantwortet. Auf eine zweite Anfrage über die CDU Berlin erfolgte eine Antwort von Burkart. Kurz und knapp teilt er mit, dass er nie Mitglied der AfD gewesen sei. Er bittet, „künftige Anfragen“ gleich über „meinen Medienanwalt“ zu stellen. Der Anwalt ist einschlägig bekannt, seine Kanzlei versuchte öfters Berichterstattungen zu rechtsextremen Verstrickungen entgegenzuwirken.

Ein genauerer Blick in die AfD-Daten zeugt jedoch von weiteren Übereinstimmungen: So deckt sich die Angabe des Geburtsjahres bei der AfD, 1995, mit einem Pressebericht des Tagesspiegels über den JUler Burkart. Die Kanada-Anmerkung der AfD stimmt zudem mit eigenen Angaben von Burkart bei seiner Bewerbung um den stellvertretenden Landesvorsitz der Christlich-Demokratischen Arbeiterschaft in Berlin überein, wo er angab, in den USA und Kanada gelebt zu haben. Auffallend ist auch die private E-Mail-Adresse. Das klare Nein zu der früheren AfD-Mitgliedschaft gegenüber der taz erfolgte über dieselbe Adresse, die auch die AfD als eine Kontaktmöglichkeit in den Unterlagen zu ihrem ehemaligen Mitglied anführt.

In das selbst inszenierte Bild des JU-Vorsitzenden, der aufgrund seiner durchtrainierten Statur von der Bild-Zeitung als „Hantel-Harry“ bezeichnet wurde, passen diese mutmaßlichen Überschneidungen nicht. In der JU Berlin gilt Burkart nicht als harter Konservativer. Er setzte sich bei der Wahl um den Vorsitz gegen Lucas Schaal durch, der zu den Getreuen um Bürgermeister Wegner gehören soll. Bis heute wird Burkarts Wahl, die nur digital stattfand, innerhalb der JU aus formalen Gründen angezweifelt.

Bereits Anfang des Jahres lösten mehrere Screenshots von internen WhatsApp-Chats, über die der Spiegel berichtete, Wirbel um Burkart aus. Eine Fotomontage legte nahe, dass er 2020 die ehemalige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Adolf Hitler verglichen habe. In der Montage eines Kinoplakat zu dem Film „Der Untergang“ war Merkel in der Rolle von Hitler zu sehen. In einer weiteren Nachricht wurde eine Fotomontage des rechtsextremen Instagram-Kanals „wachaufdeutschland20“ verbreitet. Hier war ein Kinoplakat des Horrorfilms „ES“, mit Merkel als Horrorfigur des Clowns abgebildet.

2020 soll Burkart in einem Chat Angela Merkel mit Hitler verglichen haben

Burkart gefiel auch ein Post des AfD-Abgeordneten Matthias Helferich auf Instagram, der sich selbst mal als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnete. Den politischen Hintergrund will Burkart nicht gekannt haben. Dem Spiegel sagte er zu den Montagen, dass es ihm „keineswegs um einen personellen Vergleich“ gegangen wäre. Eine „satirische Adaption“ sei die Intention gewesen.

Wie ein Mitglied nun unter der Hand bestätigt, hat die Anfrage der taz neue Unruhe in der JU ausgelöst. Die mutmaßliche Nähe des vorgeblich liberalen Burkart zur AfD würde überraschen.