Schuldenbremse und Klimavolksentscheid: Die Anti-Politik-Maschine

Ein Jahr nach dem Scheitern von Berlin 2030 Klimaneutral scheint echte Klimapolitik unmöglich. Schuld ist auch die Sparpolitik des Bundes.

in Motivwagen, der Bundesfinanzminister Christian Lindner als Sparschwein mit der Schuldenbremse zeigt, steht beim Richtfest für den Kölner Rosenmontagszug im Karnevalsmuseum.

Macht jegliche zukunftsorientierte Politik unmöglich: Christian Lindners Schuldenbremse, hier dargestellt als Sparschwein Foto: dpa | Rolf Vennenbernd

Berlin taz Der Versuch einer ernsthaften Antwort auf die Herausforderungen der Klimakrise – nicht mehr und nicht weniger war der Volksentscheid Berlin Klimaneutral 2030. Genau ein Jahr nach dessen Scheitern ist die „Klimafrage“ in Berlin weiter ungelöst. Grund dafür ist nicht nur der konservative Senat aus CDU und SPD, sondern auch der Endgegner jeder zukunftsweisenden Politik: die Schuldenbremse.

Ein Blick zurück: Das Vorhaben der Um­welt­aktivist:innen, Berlin bis 2030 klimaneutral zu machen, löste im Politikbetrieb parteiübergreifend Unruhe aus. Zu unrealistisch und viel zu teuer, hieß es unisono aus fast allen Fraktionen. Wäre der Volksentscheid nicht wegen zu geringer Wahlbeteiligung gescheitert, wäre die Konsequenz eine Investitionsoffensive in mindestens zweistelliger Milliardenhöhe gewesen: energetische Sanierungen, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sowie von Solar- und Windenergie.

Um dem Volksentscheid den Wind aus den Segeln zu nehmen, versprach die frisch gewählte Koalition, fünf bis zehn Milliarden Euro über einen Sonderfonds in die sozial-ökologische Transformation zu investieren. Auch wenn es ein durchschaubares Manöver war, ließ es darauf hoffen, dass die Dringlichkeit der Klimakrise mittlerweile auch zu konservativen Po­li­ti­ke­r:in­nen durchgedrungen ist.

Damit hat der Klimavolksentscheid trotz seines Scheiterns zumindest eines bewirkt: Er hat die dringend notwendige Diskussion angestoßen, wie viel und wie schnell wir in den klimagerechten Umbau unserer Infrastruktur investieren müssen.

Endgegner Schuldenbremse

Davon ist heute nicht mehr viel übrig. Wie ein im Februar veröffentlichtes Gutachten nahelegt, ist das Klimasondervermögen rechtswidrig, weil es der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse widerspricht. Gut möglich, dass dieses Schicksal auch einen erfolgreichen Volksentscheid ereilt hätte.

Mit der Schuldenbremse hat die Politik die Diskussion erfolgreich abgewürgt. Mittlerweile wird nicht mehr darüber geredet, ob 5, 50, oder 500 Milliarden Euro investiert werden müssen, sondern nur noch darüber, welche Jugendklubs und Sozialprojekte vor den Sparmaßnahmen gerettet werden können. Eine effektive Klimapolitik ist unter den Bedingungen des Spardiktats nicht einmal denkbar.

Solange es die Schuldenbremse gibt, ist die Strategie, die Landespolitik durch Volksentscheide zum Handeln zu zwingen, zum Scheitern verurteilt. Was es jetzt braucht, ist ein großangelegter Angriff auf die Sparpolitik des Bundes.

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Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.

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