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Bierbikes in BerlinKein Aus für Strampeln und Saufen

Ein Linken-Abgeordneter wollte vom Senat wissen, ob dieser die berüchtigten Bierbikes zu verbieten gedenkt. Spoiler: Es darf weitergeradelt werden.

Ein Prosit der öffentlichen Gemütlichkeit auf Rädern Foto: Imago/Ipon

Berlin taz | Noch halten sie Winterschlaf irgendwo in einem Schuppen oder einer Lagerhalle, aber sobald es warm genug ist, werden sie wieder durch die Straßen rumpeln und feierwütige Menschen transportieren: die berüchtigten Bierbikes, mittlerweile auch schon mal zum „BigBike“ mutiert. Einer bleibt nüchtern und lenkt, die anderen strampeln ein bisschen und lassen sich vor allem das namensgebende alkoholische Kaltgetränk aus dem Fass in den Hals laufen. Besonders bei bestimmten Touristengruppen sind die Gefährte seit Jahren sehr beliebt, die meisten BerlinerInnen hassen sie, vor allem diejenigen, die an einer der Hauptrouten wohnen.

Denn Bierbikes machen Lärm: Ein Soundsystem sorgt für Beschallung mit Schlagern oder ähnlich gehaltvoller Musik, den Rest besorgen die angeheiterten Fahrgäste. Gleichzeitig behindern die schwerfälligen Sonderanfertigungen, auf denen zum Teil bis zu 16 Menschen Platz finden, die übrigen VerkehrsteilnehmerInnen. Für den in Friedrichshain direkt gewählten Linken-Abgeordneten Damiano Valgolio gehören die Bikes deshalb „zu Recht zu den unbeliebtesten Erscheinungsformen des Berlintourismus in der Bevölkerung“.

Weil Valgolio in seinem Wahlkreis immer wieder auf die Belästigung angesprochen wird, hat er noch mitten im Winter eine parlamentarische Anfrage an die Senatsverkehrsverwaltung gestellt, um herauszufinden, wie diese künftig mit Bierbikes umzugehen gedenkt. Er verweist auf die Städte Hamburg und Münster, wo der Betrieb mittlerweile untersagt ist. In ihrer Antwort, die der taz vorliegt, lässt die Verwaltung von Manja Schreiner (CDU) aber keinen Zweifel daran, dass sie nichts Derartiges vorhat.

Zwei Anbieter sind der Senatsverwaltung laut ihrer Antwort bekannt, die in Berlin Bierbike-Fahrten anbieten, keiner von beiden soll sein Gewerbe in Berlin angemeldet haben. Einer Netzrecherche zufolge dürfte es sich um die Betreiber „Linie66“ und „Berlin Beer Bike“ handeln, wobei „Linie66“ einen Firmensitz im Emsland angibt und „Berlin Beer Bike“ auf eine Kontaktadresse im Bezirk Mitte verweist. Nur ein Anbieter verfügt laut Senat aktuell über eine gültige Sondernutzungserlaubnis des zuständigen Bezirksamts.

Aus der Antwort an Valgolio geht einerseits hervor, dass in den vergangenen Jahren nur beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg einige Lärmbeschwerden sowie – in den Jahren 2020 und 2021 – insgesamt drei Beschwerden über wildes Urinieren oder ähnliche Begleiterscheinungen eingingen. Allerdings zitiert die Senatsverwaltung das Bezirksamt Mitte auch mit der Aussage, es sei „schwer, Lärmbeschwerden eines in einer Großstadt am Verkehr teilnehmenden Objekts geltend zu machen und rechtssicher festzustellen“.

Weil die Betreiber ihre strampel- und trinkfreudigen Gäste hinter dem Ostbahnhof einsammeln, ist der Bezirk Mitte dafür zuständig, die Sondernutzungserlaubnis nach Berliner Straßengesetz zu erteilen. Wohl auch weil die Sauftouren schon länger nicht mehr durch das historische Stadtzentrum führen – das Ergebnis eines Vergleichs zwischen einem Betreiber und dem Bezirk vor dem Verwaltungsgericht im Jahr 2018 –, meint das Bezirksamt nun: „Versagungsgründe lagen bisher nicht vor“. Als Begründung führt es die eher dünne Beschwerdelage an. Diese Sichtweise teilt man in der Verkehrsverwaltung, auch wenn sie einräumt, es sei „nicht erkennbar, dass das Angebot qualitätstouristischen Zielen des Senats“ diene.

„Keine Megaphone“

„Linie66“ gibt ihren KundInnen immerhin ausführliche Verhaltensregeln mit, die auf der Website abrufbar sind. Darin steht unter anderem, dass lediglich „Bluetooth-Lautsprecher mit maximal 10 Watt Leistung“ auf den Bikes erlaubt sind, die Musik nach 20 Uhr heruntergedreht werden muss und „keine Megaphone“ zum Einsatz kommen dürfen. Wegwerfen von Müll oder Kippen während der Fahrt, Wildpinkeln oder Abgabe von Alkohol an Passanten sind ebenfalls untersagt.

Trotzdem dürften viele BeobachterInnen das Phänomen in der Praxis als Belästigung erleben. Dass Land oder Bezirk „die vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen wie in Hamburg voll ausschöpfen, um diesem Krawalltourismus endlich einen Riegel vorzuschieben“, wie Damiano Valgolio es fordert, dürfte aber vorerst ein frommer Wunsch bleiben.

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