DR Kongo will wieder hinrichten: Das Land „von Verrätern reinigen“
Die Justizministerin der DR Kongo kündigt das Ende des seit 2003 geltenden Moratoriums auf Hinrichtungen an. Oppositionelle befürchten Willkür.
Berlin taz | Zwischen Recht und Realität klafft in der Demokratischen Republik Kongo eine große Lücke, meist zum Nachteil der Realität. Im Falle der Todesstrafe ist es umgekehrt: Das Gesetz sieht sie vor – aber seit Jahrzehnten gibt es keine Hinrichtungen mehr. Das könnte sich nun ändern. In einem Rundschreiben an die Justizbehörden vom 13. März hat Justizministerin Rose Mukombo die Aufhebung des seit 2003 geltenden Moratoriums auf die Vollstreckung der Todesstrafe verkündet.
„Um die Armee unseres Landes von Verrätern zu reinigen und dem Aufschwung von Terrorismus und Banditentum zu begegnen“, habe das Kabinett dies am 9. Februar beschlossen, so die Ministerin. „In Kriegszeiten, unter Kriegs- oder Notstandsrecht, im Rahmen einer Polizeioperation zur Bewahrung oder Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung oder in jedem anderen außergewöhnlichen Umstand“ dürfe man in Zukunft für eine Reihe von Verbrechen hingerichtet werden.
Genannt werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, für Zivilisten auch „kriminelle Vereinigung“, „Landesverrat“, „Spionage“, „Teilnahme an bewaffneten Banden“ und „Teilnahme an einer Aufstandsbewegung“, für Soldaten zusätzlich Delikte wie „Feigheit“, „Fahnenflucht“, „Befehlsverweigerung“ oder „Sabotage“.
Die Forderung, wieder Todesurteile zu vollstrecken, kursiert in der DR Kongo seit Monaten in Bezug auf die Armee. Patriotische Kräfte wittern hinter jedem Erfolg der von Ruanda unterstützten M23-Rebellen im Osten des Landes Verräter in den eigenen Reihen.
Keine unabhängige Justiz
Aber viele Kritiker fürchten nun, die Todesstrafe werde vor allem politische Gegner von Präsident Felix Tshisekedi treffen. Vom katholischen Kardinal Fridolin Ambongo bis Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege reichen die Stimmen, die wie Oppositionsführer Martin Fayulu vor dem „unscharfen Begriff des Landesverräters“ als Grundlage für Hinrichtungen warnen und betonen: Kongos Justiz sei nicht unabhängig.
Todesurteile fällen kongolesische Gerichte gern, trotz Moratorium. Sie werden in lebenslange Haft umgewandelt. Laut einer Zählung aus dem Jahr 2020 saßen damals rund 510 Todeskandidaten in kongolesischen Gefängnissen.
Ob Rose Mutombo Hinrichtungen noch als Ministerin erlebt, ist fraglich. Die kongolesische Regierung ist seit den Wahlen von Ende 2023 nur noch geschäftsführend im Amt, ein völlig neues Kabinett soll bald gebildet werden.
Die Justizministerin dürfte mit einem Karriereende wenig Probleme haben. Das Vermögen ihres Ehemannes, des früheren US-Basketballspielers Dikembe Mutombo, schätzen US-Medien auf 75 Millionen US-Dollar.
Leser*innenkommentare
663803 (Profil gelöscht)
Gast
noch ein weiteres Land das man dann wohl nicht mehr besuchen sollte; schade es wird immer deutlicher dass die Nachkriegsgeneration (eines Weltkriegs) nicht besser ist geschweige denn dazu gelernt hat
Angelika70
Das nächste Land, dass sich in die Barbarei zurückentwickelt.
Es macht mir Angst, in welche Richtung sich die Menschengesellschaft auf diesem Planeten entwickelt. Mit Riesenschritten in die Vergangenheit!
Oliver Korn-Choodee
Der Nachsatz unter dem sonst sehr informativen Artikel:
"Die Justizministerin dürfte mit einem Karriereende wenig Probleme haben. Das Vermögen ihres Ehemannes, des früheren US-Basketballspielers Dikembe Mutombo, schätzen US-Medien auf 75 Millionen US-Dollar."
raunt hier etwas unscharf und hat (für mich) eine unterschwellig rassistische Note.
Was hat denn das Vermögen der Familie der Ministerin mit ihren Entscheidungen zu tun?
Hat sie Bestechungsgelder angenommen? Ggf. für die Wiedereinführung der Todesstrafe?
Dann bitte Belege dafür.
Ansonsten hat das eine mit dem anderen nichts zu tun.
Auch unter europäischen Politikern gibt es eine Reihe von Personen, die sich keine Sorgen über ihren Ruhestand machen müssen. (Auch, ohne Strafwürdiges getan zu haben.)
Be different
@Oliver Korn-Choodee Ich kann nicht verstehen, warum Sie der Meinung sind, dass der Satz rassistisch konnotiert wäre. Herr Johnson stellt keinerlei Verbindung zwischen dem Karriereende der Justizministerin und ihrer Entscheidung. Aber Tatsache ist, dass wenn Fr. Mutombo nicht mehr Ministerin ist, wird sie nicht mehr über einen saftigen Gehalt verfügen, wie es üblich in DR Kongo ist, wenn man Minister oder Abgeordneter ist. Und wenn der Ehemann vermögend ist, kann es nicht schaden, wenn man arbeitslos wird. Mehr wollte Herr Johnson nicht andeuten.