Zeit-Stiftung stiftet Unfrieden: Law School essen Park auf
Hamburgs zentraler Park Planten un Blomen wird bedrängt: Die private Bucerius Law School will direkt an seiner Grenze Erweiterungsbauten errichten.
Planten un Blomen ist der Ort in Hamburg, wo im Frühjahr die ersten Sträucher blühen. Ganz unten, am See, wachsen seltene Trauerweiden, denen man nicht ansieht, wie selten sie sind, und oben rechts stehen die Schaugewächshäuser mit ihrer Stahlkonstruktion von 1963, als in Hamburg Bundesgartenschau war. Über ihnen ist nur noch der Himmel zu sehen, und, weiter zur Seite, das CCH-Hochhaus, 32 Stockwerke hoch, aus den 70er-Jahren, aber das ist weit genug weg.
Näher, viel näher dran an diesem ältesten Teil des denkmalgeschützten Parks steht die Bucerius Law School, benannt nach Gerd Bucerius, dem Verleger der Zeit, und seiner Frau Ebelin, deren Foto am Dienstag auf der Leinwand eines fast voll besetzten Hörsaals in einem Museum am Parkrand zu sehen war.
„Wachsende Stadt – schrumpfender Park“ war die Veranstaltung überschrieben, denn die Law School gedeiht, vor allem aber wächst sie. Längst reichen die Gebäude des alten Botanischen Instituts nicht mehr aus, ein runder Turm für die Hörsäle ist dazugekommen, außerdem ein glänzender Erweiterungsbau namens „Deutsche Bank Hall“ direkt zu den Schaugewächshäusern hin. Nun sollen zwei weitere Gebäude entstehen, eins außen rechts, eins außen links, prominent an der Kante zum Park.
Der Vertreter der Zeit-Stiftung gab sich Mühe, seine Institution im besten Licht zu zeigen. Seht, wie viel Gutes diese Stiftung für die Stadt tut! Und ja, wer wollte das bezweifeln? Dennoch erhob sich in den hinteren Reihen des Hörsaals ein Murren, die Freunde des Botanischen Gartens, mehrheitlich graues bis weißes Haupthaar, waren an diesem Abend klar in der Überzahl.
Unruhe im Hörsaal
„Was tut das zur Sache?“, rief einer, als die Lobpreisungen der Stiftung kein Ende nahmen, Unruhe kam auf. Schließlich stand eine Dame in den vorderen Reihen auf, nahe an dem Block, in dem die Vertreter der Law School saßen. „Entschuldigung, das stört mich, ich möchte hier zuhören!“
Beeinträchtigen die Neubauten den Park oder nicht? Die Antwort hängt von der Perspektive ab. Die Visualisierungen, die der Stadtplaner des Bezirksamts Mitte vorlegte, sahen alles andere als schlimm aus. Gut, das Gebäude hinter den Schaugewächshäusern würde die Silhouette verändern, aber es wirkte doch nicht wie ein Fremdkörper.
Warum aber waren die Umrisse dann so licht und verschwommen gezeichnet, als lägen sie im Nebel? Das hatte der Gartenhistoriker Joachim Schnitter, der das Einführungsreferat hielt, gefragt. Er äußerte den Verdacht, das Bauvorhaben sei auf höchster Ebene – Bürgermeister und Zeit-Stiftung – schon vor Jahren entschieden worden, die Behörden hätten seitdem nur noch ausführen dürfen. Ein Vorwurf, den der Vertreter des Bezirksamts Mitte zurückwies: Das Bauvolumen sei ja sogar reduziert worden! Um zwölf Prozent!
Vielleicht aber ist es noch immer zu viel? Zu groß? Zu mächtig? Die Fragen kommen immer wieder. Kann man denn an den Plänen gar nichts mehr ändern? Der Mann vom Bezirksamt blickte auf die Vertreter der Law School. Also bei aller Liebe, sagten die, die Schmerzgrenze sei erreicht, weniger gehe wirklich nicht.
Wie das, was dort oben am Parkrand entsteht, einmal wirken wird, hängt vom Standort des Betrachtenden ab. Vom Park aus gesehen versperrt der runde Turm des glasumhüllten Auditoriums den Blick auf das alte Botanische Institut dahinter. Auf dem Campus stehend ändert sich dieser Eindruck. Plötzlich fällt auf, wie das Auditorium mit dem von unten nicht sichtbaren Eckbau des Instituts und seiner runden Kuppel korrespondiert.
Von innen aus betrachtet
Vielleicht wird es auch mit den neuen Bauten so sein: Von innen aus betrachtet, vom Campusgelände, ergeben sie durchaus Sinn.
Doch die Bucerius Law School ist eine private Hochschule. Der Park dagegen ist für alle da.
„Wir wissen, was Sie alles für die Stadt tun“, sagte am Ende des Abends der ehemalige Hamburger Umweltsenator und jetzige Vorsitzende des Freundeskreises des Botanischen Gartens, Jörg Kuhbier, in Richtung Zeit-Stiftung. „Das heißt aber nicht, dass Sie alles dürfen!“
Vielleicht fast alles?
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