Kinoempfehlungen für Berlin: Historisch verbunden
„Eurodonbas“ rollt die Industriegeschichte des Donbass-Gebietes auf. Und auch in „Fallende Blätter“ klingt schon der Krieg in der Ukraine an.
I n den 1980er und -90er Jahren war er ein Liebling der Festivals und der Filmkunstkinos, doch in den vergangenen zwanzig Jahren hat sich der finnische Regisseur Aki Kaurismäki mit langen Spielfilmproduktionen eher rar gemacht. Mehrfach wurden „Rücktritte“ angekündigt, die dann glücklicherweise doch nicht in die Tat umgesetzt wurden.
Umso begeisterter fiel die Reaktion auf Kaurismäkis letztjährigen Film „Fallende Blätter“ aus – beim Festival in Cannes gab es den Preis der Jury, Publikums- und Kritikerpreise bei anderen Festivals folgten. Und das ist schon interessant, denn „Fallende Blätter“ wirkt wie aus der Zeit gefallen.
Inhaltlich und stilistisch knüpft der Film nahtlos an die sogenannte Arbeiter-Trilogie an, die der Regisseur Ende der 80er-Jahre gedreht hatte. Einmal mehr geht es um eine Liebesgeschichte mit Hindernissen zwischen zwei Menschen, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens stehen: Verlorene Telefonnummern, Unsicherheiten im zwischenmenschlichen Bereich und Alkoholismus sind da nur einige der Probleme, die von den Figuren zu bewältigen sind.
Vorgetragen wird das alles mit der bekannten Lakonie, einem trockenen schwarzen Humor und Kaurismäkis wunderbarer Fähigkeit, mit einer einzelnen Einstellung mehr auszusagen als mit vielen Dialogen.
Dass hier jemand im Kino Jim Jarmuschs Zombiefilm „The Dead Don’t Die“ ansieht und anschließend mit todernstem Gesicht anmerkt, das erinnere ihn an Robert Bressons „Das Tagebuch eines Landpfarrers“, ist eben nicht bloß ein Witz, sondern auch eine liebenswerte Hommage an das Vorbild Bresson. Nur, dass die Geschichte(n) bei Kaurismäki heute entspannter und versöhnlicher zum Ende kommen (23. 2., 24. 2., 19 Uhr, Kino Krokodil, 25. 2., 14 Uhr, Rollberg, 26.–28. 2., 18.15 Uhr, Xenon).
Radionachrichten vom Krieg Russland gegen die Ukraine verankern „Fallende Blätter“ übrigens immer wieder in unserer heutigen Realität; tatsächlich jährt sich der Jahrestag des kriegerischen Überfalls Russlands dieser Tage zum zweiten Mal.
Im Filmmuseum Potsdam läuft aus diesem Anlass der 2022 entstandene Dokumentarfilm „Eurodonbas“, in dem Regisseur Kornii Hrytsiuk die Industriegeschichte des umkämpften Donbass-Gebietes in der Zeit vor der russischen Revolution von 1917 aufrollt, die stark von Unternehmertum aus Westeuropa und Nordamerika geprägt war. Heute ist diese historische Verbindung kaum mehr bekannt. Ariane Afsari vom Deutschen Kulturforum östliches Europa hält eine Einführung; ein Gespräch mit dem Regisseur ist angefragt (22. 2., 18 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
Eine volle Dosis Disney-Animationsfilme aus den 1980er und -90er Jahren bietet die Veranstaltung „Disney Cinema Sleepover“: „The Little Mermaid“, „Aladdin“, „The Beauty and the Beast“, „Hercules“ und „Mulan“ sind in einer langen Nacht entweder in deutscher Synchronisation oder im amerikanischen Original zu sehen – sofern man nicht zwischenzeitlich einschläft. Das sollte dann aber nicht an den Filmen liegen.
Mein persönlicher Favorit ist „Mulan“ (1998) von Barry Cook und Tony Bancroft, der sich mit der Geschichte einer jungen unangepassten Chinesin, die sich als vermeintlich männlicher Rekrut in die kaiserlichen Armee schummelt, über – auch bei Disney – langgehegte Rollenklischees lustig macht.
Wer nur die dümmliche Liveaction-Version von „Mulan“ (2020) kennt (die sich vor allem beim chinesischen Publikum anzubiedern versucht), wird über die Eleganz und den Detailwitz des originalen Zeichentrickfilms überrascht sein (23. 2., 22 Uhr, Babylon Mitte).
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