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das wirdEin anderer Blick auf einander

Zum Abschluss einer Reihe mit Filmen aus Tansania zeigt das Hamburger Kino B-Movie auf einem Festival Filme, die eine Gruppe aus Da­r­es­sa­lam ausgesucht hat

Von Wilfried Hippen

Postkoloniale Verbindungen sind oft komplex und überraschend. Was etwa haben der Spielfilm „Drachenfutter“ von Jan Schütte über einen Chinesen und einen Pakistani, die in Hamburg ein Restaurant aufmachen, und der erste Science-Fiction-Film des DDR-Filmunternehmens Defa, der „Der schweigende Stern“ aus dem Jahr 1960, mit Tansania zu tun? Das kann man am Ende der Woche im Hamburger Kino B-Movie herausfinden. Denn das Kino auf St. Pauli hat sich zur Aufgabe gemacht, Filme zu zeigen, die sonst nicht oder nur selten gezeigt werden. Das trifft vor allem für Filme aus Afrika zu. Konsequent ist es also, wenn dort von Donnerstag bis Sonntag nun das kleine Festival „hadithi hadithi“ stattfindet.

Das Festival ist der Abschluss einer Reihe von Filmvorführungen, die im Februar 2022 mit einer ersten Auswahl von Filmen aus Tansania begann, die von Judith Behre kuratiert wurde. Weil es seit 2010 eine Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Da­r­es­sa­lam gibt, ergab sich die Möglichkeit, diese Verbindung mit Geldern aus dem entsprechenden Fördertopf weiterzuführen. Viel mehr als Reisekosten konnten so zwar nicht finanziert werden. Aber es war genug, um nach einer Veranstaltungsreihe im vergangenen Oktober ein zweites Mal Filme im Hamburger Kino zu präsentieren, die von einer Gruppe in Daressalaam mit den Namen „Ajabu ajabu“ ausgewählt wurden. Kuratorin Sarah Adam vom B-Movie sagt dazu: „Zwischen uns und ihnen gibt es viele Gemeinsamkeiten. Wie wir arbeiten auch sie ehrenamtlich in einem Kollektiv und sind immer wieder bedroht vom Kapitalismus, der um sich schlägt.“

Kuriose Verbindungen

Bei einem Gegenbesuch in Daressalaam zeigte das B-Movie einem erstaunten afrikanischen Publikum als einzigen deutschen Langfilm ausgerechnet den Science-Fiction-Film „Der schweigende Stern“ aus der DDR der frühen 1960er Jahre. Damals war die Verbindung zwischen der DDR und dem sozialistischen Bruderstaat Tansania eng, und so wurde zu den Dreharbeiten in Berlin ein Schwarzer von der Straße weg als Darsteller gecastet, damit im Film auch ein Afrikaner zum internationalen As­tro­nau­t*in­nen­team gehören konnte. Und dieser Julius Ongewe könnte mit seinem Swahili-Namen aus Tansania stammen.

Filmprogramm „hadithi hadithi continues – Hamburg/Dar es Salaam Dialog“: Do, 7. 3., bis So, 10. 3., B-Movie, Hamburg; Infos und Programm: b-movie.de

Ähnlich kurios ist der Grund, warum die Filmreihe am Donnerstag mit „Drachenfutter“ von Jan Schütte beginnt: Zwischen 1982 und 2002 lebte der tansanische Comiczeichner und Journalist David Kyungu in Hamburg. Dort half er Jan Schütte bei seinen Recherchen unter Hamburger Asylbewerber*innen. Er selbst ist in einer kleinen Rolle im Film zu sehen und wird ihn nun online im Kino vorstellen

Aus Tansania angereist ist Bernard Laulian Ntahondi von Ajabu ajabu, der am Samstag zwei Filme vorstellen wird, die die Bandbreite der tansanischen Filmproduktion deutlich machen. „Rafiki“ von Peter Roslia ist ein unabhängig produzierter Grassroots-Film über einen kenianischen Vlogger in Tansania. Die Liebesromanze „Nakupenda“ von Juma Saada ist eine kommerzielle und erfolgreiche Bongo-Filmproduktion. Bongo-Filme sind populäre und oft auch tra­shige Filme, die auf Märkten verkauft werden.

Am Frauentag wiederum läuft zuerst ein Programm mit Kurzfilmen der tansanischen Filmemacherin Gertrude Malizana, im Anschluss gibt es „Flame“ von Ingrid Sinclair aus dem Jahr 1996 – der erste im unabhängigen Simbabwe gedrehte Spielfilm, in dem die weiblichen Guerilleros gefeiert werden, die in den 1970er Jahren gegen die britischen Kolonialisten kämpften.

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