Betriebsprüfungen der Finanzämter: Berlin gehen die Betriebsprüfer aus

Die Finanzbehörden treiben fast eine halbe Milliarde Euro Steuern nachträglich bei Betrieben ein. Vor allem bei den Großen könnte mehr zu holen sein.

Das Bild zeigt das Finanzamt Reinickendorf

Schlecht für den Landeshaushalt, entspannt für die Großunternehmen: Auch in Berlins Finanzämtern herrscht Fachkräftemangel Foto: Imago/Andreas Gora

BERLIN taz | Angesichts der Haushaltslage des Landes Berlin klingt die Summe zunächst stattlich: 430 Millionen Euro haben die Finanzämter der Hauptstadt im vergangenen Jahr bei ihren rund 9.000 nachträglichen Steuerprüfungen von Betrieben eingetrieben. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Finanzverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor, die der taz vorliegt.

Die Zahlen zeigen dabei, dass sich der Aufwand der Steuerprüfungen insbesondere bei Großbetrieben lohnt – Unternehmen also mit einem Umsatz von mindestens 8,6 Millionen Euro oder einem steuerlichen Gewinn von mehr als 335.000 Euro. Durchschnittlich gab es bei jedem der über 1.250 geprüften Großbetriebe 182.000 Euro zu holen. Alles in allem machten die Nachprüfungen in dem Bereich mit nahezu 229 Millionen Euro dann auch über die Hälfte der zusätzlich eingenommenen Steuern aus.

Doch genau hier dürfte noch wesentlich mehr zu holen sein, davon ist Sebastian Schlüsselburg überzeugt. Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus kritisiert, dass Berlin mit einer Prüfquote von 16,3 Prozent bei den Großbetrieben nicht nur unter dem Bundesdurchschnitt von zuletzt 17,5 Prozent liegt. Auch wurden die Großen in der Vor-Corona-Zeit unter Rot-Rot-Grün noch deutlich intensiver unter die Lupe genommen. So lag die Prüfquote in den Jahren 2017 und 2018 hier bei 22,4 Prozent.

Das offenkundige Hauptproblem: Die Zahl der mit Außeneinsätzen befassten Steu­er­prü­fe­r:in­nen in den Finanzämtern ist seit 2018 massiv gesunken: von seinerzeit 653 Vollzeitkräften auf 563 im vergangenen Jahr. Und weniger Prü­fe­r:in­nen bedeuten weniger Prüfungen – und letztlich weniger potenzielle Einnahmen.

Dringend auf Zusatzeinnahmen angewiesen

Schlüsselburg sieht in dieser Hinsicht Finanzsenator Stefan Evers (CDU) klar in der Pflicht. Um die Prüfquote bei den Großbetrieben wieder auf das Niveau vor der Pandemie anzuheben, „müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Anzahl der Betriebsprüfer zu erhöhen“, sagt Schlüsselburg zur taz. „Dass wir hier auf einem Tiefststand sind, ist inakzeptabel.“

Tatsächlich ist Berlin auf die Zusatzeinnahmen dringend angewiesen. Einsparvorgaben für 2024 und 2025 in Höhe von fast 4 Milliarden Euro, dazu das geplatzte Klima-Sondervermögen: Nicht einmal der Finanzsenator macht ein Geheimnis daraus, dass auf Berlin harte Zeiten zukommen könnten. Dann, so Schlüsselburg, müsse sich Evers aber auch endlich mal um die Einnahmenseite kümmern – und das konsequente Eintreiben von Steuern bei Großbetrieben sei eben dabei „die wichtigste Stellschraube“.

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