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Neue Gesamtschulen kommen

Das SZ Obervieland entwickelt sich zur Integrierten Stadtteilschule – die Deputation muss das aber noch offiziell beschließen. Die alten sozialdemokratischen Schulzentren sind die Verlierer der neuen freien Wahl der Schule nach der vierten Klasse

Bremens Schullandschaft ist in Bewegung – zum zweiten Mal nach der Abschaffung der Orientierungsstufe konnten in den letzten Wochen die Eltern der Viertklässler wählen, auf welche weiterführende Schule ihre Kinder gehen sollen. Die Ergebnisse der Wahl: 1.919 Kinder sollen auf das Gymnasium und nach 12 Jahren Abitur machen, das sind gut 100 mehr als im Vorjahr. 827 Kinder sollen auf die „Sekundarschule“, die Haupt- und Realschule verbinden soll – das sind 200 weniger als im Vorjahr. Die Gesamtschulen beziehungsweise die Integrierten Stadtteilschulen wählten 1.279 – rund 50 mehr als im Vorjahr. Der Trend ist deutlich: Die neu geschaffene „Sekundarschule“ verliert, noch ehe sie sich richtig etablieren konnte.

Besonders deutlich ist dieser Trend am Schulzentrum Obervieland, das Sekundarschule und integriertes Gesamtschul-Angebot unter einem Dach vereint: „Das Schulzentrum ist praktisch eine Integrierte Stadtteilschule geworden“, sagt Schulleiter Wilfrid Eitmann. Wurden dort bis vor einem Jahr noch Haupt- und Realschulzweig angeboten, so sind diese jetzt aufgrund geringer Anwahlen zum Auslaufmodell geworden. Die Schulleitung richtete sich daher dieses Jahr nach den Wünschen der Eltern und Schüler und beschloss, nur integrierte Klassenverbände anzubieten, in denen Schüler unterschiedlichen Niveaus gemeinsam lernen.

Diese Klassen sollte es ursprünglich nur in einer kleinen Dependance des SZ an der Billrothstraße geben. Die Entwicklung des Schulzentrums zur Integrativen Stadtteilschule ist auf Grundlage des Elternwahlrechtes ein Selbstläufer. „Es fehlt der offizielle Beschluss der Deputation“, sagt Rainer Gausepohl, Pressesprecher des Bildungssenators. Und Ulrike Hövelmann, Bildungspolitikerin der SPD, gibt zu: „Man kann sagen, die Dependance wächst ins Haupthaus hinüber. Durch Anwahl entwickelt sich in Obervieland eine Integrierte Stadtteilschule.“

Claas Rohmeyer, bildungspolitischer Sprecher der CDU und Koalitionspartner, scheint in Bezug auf die örtliche Entwicklung noch nicht ganz informiert zu sein. Neben den integrierten Klassen gebe es am SZ Obervieland doch auch noch Sekundarklassen, beharrt er. Nicht mehr lange, weiß der Leiter der Dependance an der Theodor-Billroth-Straße, Michael Mackeben: In der jetzigen Klassenstufe 6 gebe es zwar noch zwei auslaufende Sekundarschulklassen, die neuen „Fünften“ haben aber fast ausschließlich die integrierten Klassen angewählt. Man gehe an der Schule davon aus, dass sich dieser Trend fortsetze, und so werden jetzt auch die noch bestehenden Sekundarklassen mit Einverständnis der Eltern im Herbst in integrierte Klassenverbände umgewandelt.

Und damit ist das SZ Obervieland kein Einzelfall. Auch das SZ Pestalozzistraße in Gröpelingen hat integrierte Klassen im Angebot. „Ein Grund dafür ist, dass der Gymnasialanteil bei uns sehr niedrig ist. In unserer Schulkonferenz gab es die Angst, dass wir zu einer Sekundarschule würden“, begründete Joachim Schmaeck, Leiter der Schule, die Entscheidung, neben den Sekundarschul-Klassen auch „integrierte“ Klassen anzubieten, die offen sind für Kinder mit Gy-Empfehlung. Die Schule stellte einen Antrag auf offizielle Umwandlung in eine Integrierte Stadtteilschule genauso wie das SZ Helgolander Straße. Und an der Gesamtschule West (GSW) kann man sich vor Anmeldungen kaum retten. Besonders seit der Schulgesetzänderung von 2003 gebe es einen großen Ansturm auf Gesamtschulen, stellt Maria Schümann, Leiterin der GSW, fest und fügt bedauernd hinzu: „Wir müssen circa 60 bis 70 Prozent der Schüler abweisen.“ Marie Ellereit

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