Pakistan vor der Wahl: Zwischen Terror und Seidenstraße

Die Wahl in Pakistan findet in einer zunehmend unruhigen regionalen Konstellation statt. Sorge um die Stabilität eint China, Indien und den Westen.

Pakistans ehemaliger Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter winken ihren Anhängern zu.

Pakistans ehemaliger Premierminister Nawaz Sharif und seine Tochter Maryam Nawaz winken ihren Anhängern zu Foto: K.M. Chaudary/ap

MUMBAI taz | Eigentlich hätte Pakistan genug andere Sorgen. Doch inmitten von Wahlkampf und Wirtschaftskrise kommt das Land nicht zur Ruhe. Am Vorabend der Wahlen in Pakistan sind bei Bombenanschlägen auf Wahllokale in der südwestlichen Provinz Balochistan mindestens 28 Menschen getötet worden, darunter im 100 Kilometer von der Grenze zu Afghanistan entfernten Pishin. In den Tagen zuvor hatten es weitere Anschläge in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa gegeben.

Dass sich die Sicherheitslage in Pakistan in den vergangenen Jahren verschlechtert hat, sieht Niels Hegewisch, der die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung in Pakistan leitet, nicht in direktem Zusammenhang mit den Wahlen. Er verweist auf die Entwicklung im Nachbarland Afghanistan. Seit dort im August 2021 die Taliban die Macht übernahmen, steigt die Zahl der Anschläge im Grenzgebiet. Denn mit der Machtübernahme wurde auch der pakistanische Ableger der Taliban gestärkt.

2023 wurden fast 1.000 Personen in Pakistan bei Terroranschlägen getötet. Das pakistanische Militär verliert zunehmend die Kontrolle an der Grenze an militante Gruppen aus Afghanistan. Für Unruhe sorgen unter anderem der lokale Ableger des „Islamischen Staates“ (IS) und die pakistanischen Taliban (TTP).

Die Instabilität in der Region spiegelt sich in wachsenden Flüchtlingsströmen wieder. Im Oktober 2023 lebten laut UNHCR 3,7 Millionen Afghanen in Pakistan, darunter 700.000, die nach der Taliban-Machtübernahme flohen. Im vergangenen Jahr schob das pakistanische Militär knapp eine halbe Million Afghanen ab, um die Gunst der lokalen Bevölkerung zu gewinnen.

Gewalt mit Indien hat abgenommen – immerhin etwas

Zunehmende Konflikte gibt es auch an der Grenze zu Iran. Im Januar eskaliert ein Streit militärisch. Beide Staaten beschuldigen sich, Separatisten zu unterstützen. Nach Raketenangriffen legen sie die Waffen nieder, behaupten jedoch, nur eigene Staatsbürger getötet zu haben. Verlierer des Konflikts sind Zivilisten.

Chinesische Infrastrukturprojekte sind zu einem der Hauptangriffspunkte des balochischen Widerstands geworden. Die Se­pa­ra­tis­t:in­nen sehen eigene Interessen durch die enge Kooperation zwischen Pakistan und China gefährdet. Aus chinesischer Sicht spielt Pakistan eine Schlüsselrolle für den Erfolg der „Neuen Seidenstraße“. Die verbindet unter anderem den Hafen Gwadar in Pakistan mit der chinesischen Provinz Xinjiang.

„Ein Wahlsieg Nawaz Sharifs könnte für den Westen von Vorteil sein, da er diplomatisch pragmatischer ist und wahrscheinlich engere Beziehungen zu den USA und Europa anstreben wird“, sagt Farhan Zaheer. Er betont, dass Sharif ebenfalls gute Beziehungen zu China und Saudi-Arabien unterhält. Eine instabile Atommacht Pakistan liegt weder im Interesse des Westens noch Chinas.

Zumindest in einem Punkt hat sich die Lage zuletzt beruhigt: Die Gewalt mit Indien hat abgenommen, sagt Südasienexperte Michael Kugelman. „Ironischerweise ist die Grenze zwischen Pakistan und seinem erbitterten Rivalen Indien dank eines Waffenstillstands aus dem Jahr 2021 ruhig“, sagt er. Doch geklärt ist der Konflikt um Kaschmir nicht. Pakistan protestiert weiter gegen den Autonomieentzug des indischen Teils Kaschmirs durch die Modi-Regierung 2019. Spannungen hatten sich auch durch pakistanische Anschuldigungen verschärft, Indien habe gezielte Attentate in Pakistan verübt.

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