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Erdbeben-Gedenktag in der TürkeiIn Hatay bricht sich die Wut Bahn

Am Jahrestag des Erdbebens kommt es in der Türkei zu Protesten gegen die Regierung. „Mörder“ riefen wütende Teil­neh­mende in der Provinz Hatay.

Menschen protestieren gegen Regierungsbeamte in Hatay, Türkei, zum Gedenken an den einjährigen Jahrestag des verheerenden Erdbebens Foto: Umit Bektas/reuters

Istanbul taz | Bei einer Gedenkfeier am Jahrestag der verheerenden Erdbeben im Südosten der Türkei und im Norden Syriens ist es zu Tumulten gekommen. Wie die Deutsche Presseagentur und türkische Medien am Dienstag berichteten, wurde vor allem in Antakya, der Provinzhauptstadt der am härtesten betroffenen Region Hatay, massive Kritik an der türkischen Regierung und den Provinzbehörden laut.

Tausende im völlig zerstörten Zentrum von Antakya versammelte Menschen buhten die Regierung aus. Als einige ranghohe Funktionäre vor der Versammlung sprechen wollten, skandierten einige Menschen „Mörder“, wütende Kundgebungsteilnehmer lieferten sich Handgemenge mit der Polizei.

Aber auch Provinzbürgermeister Lütfü Savaş von der oppositionellen CHP wurde in Sprechchören zum Rücktritt aufgefordert. Insbesondere in der Provinz Hatay, im Südosten entlang der Grenze zu Syrien, wo es fast die Hälfte der insgesamt 53.300 Tote gab, sind die Menschen verzweifelt. Seit dem 6. Februar vor einem Jahr ist wenig passiert, das ihre Lebenssituation wirklich verbessert hat.

Schon bei der Schweigeminute um 4.17 Uhr in der Nacht, als vor einem Jahr der erste schwere Erdstoß Antakya erschütterte, riefen Teilnehmer: „Hört jemand unsere Stimmen?“ Dieser Satz ertönte tausendfach nach dem Beben, als Verschüttete auf sich aufmerksam machen wollten, vor allem in Hatay oft vergebens.

Schon in den Tagen nach dem Beben hatte es massive Kritik an der Regierung gegeben, weil vor allem in Hatay tagelang keine staatliche Hilfe ankam. Überlebende und einige internationale Helfer, denen schweres Räumgerät fehlte, schafften es oft nicht rechtzeitig, die Verschütteten zu erreichen. Jetzt gehört Hatay wieder zu den Provinzen, in denen nach dem Empfinden der Betroffenen am wenigsten geschieht.

Erdoğan besucht nur ausgewählte Orte

Es gibt wenig neu gebaute Häuser, die Qualität der Containercamps, in denen nun die meisten Betroffenen leben, ist im Vergleich zu anderen Regionen schlecht. Es hapert an der Grundversorgung, es gibt kaum Schulunterricht, und einen Job zu finden, durch den Überlebende wenigstens einen Teil ihres Unterhalts wieder selbst bestreiten können, ist nahezu unmöglich. Zu zerstört ist die gesamte Region.

Am Samstag besuchte Präsident Recep Tayyip Erdoğan Hatay, allerdings nicht Antakya oder eines der Containerdörfer, sondern ein sorgfältig abgesperrtes Areal mit den ersten wenigen fertiggestellten Neubauten. Angesichts der bevorstehenden Kommunalwahlen im März brachte Erdoğan auch ziemlich unverblümt zum Ausdruck, warum es in Antakya und Hatay im Vergleich zu anderen Erdbebenregionen so schlecht vorangeht. Wer für die Kommunalverwaltung Vertreter anderer Parteien wähle als solche der Regierungspartei AKP, wird immer Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit haben, sagte er.

Zum Gedenken am Dienstag reiste Erdoğan dann auch nicht nach Antakya, sondern nach Kahramanmaraş, eine ebenfalls stark betroffene Provinz, wo die Wiederaufbauarbeiten allerdings schon deutlich weiter gediehen sind als in Hatay. Kahramanmaraş ist eine Hochburg der AKP und auch bei der Präsidentschaftswahl im letzten Mai hat Erdoğan hier haushoch gewonnen.

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