DFB-Geschäftsführer über Frauenfußball: „Ausgliederung kein Allheilmittel“
DFB-Geschäftsführer Holger Blask über den Reformbedarf der Frauenfußball-Bundesliga. Hilft etwa ein angestrebtes Grundgehalt von 2.920 Euro weiter?
taz: Herr Blask, sind die Frauenfußballerinnen in einer eigenen Gesellschaft außerhalb des DFB besser aufgehoben?
Holger Blask: Die Frauen-Bundesliga hat in den letzten zwei Jahren in Sachen medialer Sichtbarkeit und Erlöse, basierend auf den nationalen und internationalen Medienverträgen sowie den Partnerschaften mit dem Namenssponsor Google, EA, Adidas und weiteren, einen enormen Schritt gemacht. Gemessen am Zentralvermarktungserlös liegt sie aktuell vor Spanien, Frankreich und nur knapp hinter der englischen Women’s Super League.
ist Experte für die Vergabe von Medienrechten und Chef der Geschäftsführung der DFB GmbH und Co. KG. Zuvor war er 14 Jahre lang für die DFL tätig.
In den USA verfügt die National Women’s Super League durch einen neuen TV-Vertrag die nächsten vier Jahre über 240 Millionen US-Dollar. In England könnte es von den bisher knapp 12 Millionen Euro jährlich durch die Ausgliederung auch noch einen sprunghaften Anstieg geben.
Insbesondere der Medienrechteabschluss in den USA und die Investitionsbestrebungen in England bringen weitere Dynamik. Die Zielstellung muss sein, den Frauenfußball hierzulande noch stärker in der Gesellschaft zu verankern. Eine Ausgliederung aber ist per se kein Allheilmittel.
Axel Hellmann als Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt sagte, dass international der Anschluss verloren geht.
Ich teile absolut die Ansicht, dass wir die Liga progressiv und zügig zu einem wirtschaftlich sich selbst tragenden System weiterentwickeln müssen, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Formuliert ist der Anspruch, die beste Liga der Welt sein zu wollen. Allein mit der geforderten Stadioninfrastruktur – Fassungsvermögen für 5.000 Zuschauer, mit VIP-Plätzen, Rasenheizung, Flutlicht mit 1.200 Lux und TV-Compound – wird ein hoher Investitions- und Finanzierungsbedarf skizziert.
Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen, die nicht nur infrastrukturelle Aspekte umfassen, ist drängend.
Die Vereine sollen zudem verpflichtet werden, neben einem Cheftrainer auch einen Assistenz- und Torwarttrainer, Physiotherapeut, Athletiktrainer oder Videoanalyst in Vollzeit einzustellen. Darüber hinaus ist ein Mindestgrundgehalt von 2.920 Euro für 22 Kaderspielerinnen vorgesehen. Bisher verdienen aber 62 Prozent der Spielerinnen weniger. Sind solche Gehälter umsetzbar?
Unser Wachstumskonzept beinhaltet eine große Zahl an Einzelmaßnahmen. Im Dialog mit den Klubs wird gegebenenfalls an der ein oder anderen Stelle modifiziert werden. Ein Mindestgrundgehalt zur Förderung der Professionalisierung ist Bestandteil der Überlegungen. Die adäquate Höhe und Mechanik ist jedoch Gegenstand unserer aktuellen Diskussionen mit den Klubs und keineswegs schon festgelegt.
Der von Ihnen ausverhandelte Fernsehvertrag bringt 5,17 Millionen Euro jährlich.
Wenn man nationale und internationale Medienerlöse inklusive der Einnahmen für die Produktion des TV-Signals und des internationalen Medienproduktes zusammenrechnet, erhalten wir aktuell rund 9 Millionen Euro pro Jahr. Wir können mit sechs Medienpartnern (DAZN, Magenta, ARD, ZDF, Sport1 und Sky) in Deutschland zudem eine breitflächige Verbreitung garantieren, welche im aktuellen Entwicklungsstadium elementar ist.
Was sagen Sie zur Kritik, dass ökonomisch mehr rauszuholen wäre?
Wir werden das Produkt weiter verbessern und die Reichweite steigern.
Es ist bereits für 2024 ein Supercup, aber erst für 2027 eine Erweiterung auf 14 Klubs und dann für 2031 eine Aufstockung auf 16 Vereine vorgesehen. Sollte es nicht schneller gehen.
Um die Kriterien zu erfüllen, muss die Qualität der Extra-Spiele mitwachsen. Sonst führt die Aufstockung zu einer weiter auseinanderdriftenden Mehrklassengesellschaft.
Also behutsam vergrößern?
Eine Vergrößerung ad hoc würde dazu führen, dass die Zentralvermarktungserlöse durch mehr Klubs geteilt werden. Der geeignetste Zeitpunkt für eine Aufstockung ist 2027/28.
Mit der Olympia-Qualifikation wird am Freitag beim Länderspiel gegen Frankreich wieder ein Millionenpublikum einschalten. Ist der Frauenfußball für den DFB ein Zuschussgeschäft oder verdient der Verband damit Geld?
Es ist für den DFB wie auch für die meisten Klubs eine Investition.
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