Deutscher Aufschwung bei Schwimm-WM: Viel Frust und dann viel Freude
Isabel Gose gewinnt bei der Schwimm-WM Silber und verliert Gold. So gut waren die Deutschen lange nicht mehr.
Direkt nach dem Gewinn der Silbermedaille über 800 Meter Freistil hatte die 21-Jährige nur im Blick, was sie verloren hatte. Neun Hundertstelsekunden fehlten ihr am Samstag auf die italienische Weltmeisterin Simona Quadarella. Bei der letzten Wende hatte sie das Feld noch angeführt. In knappen Sätzen gab sie ihren Unmut zu Protokoll. „Ich bin so sauer. Es ist so knapp. Ich kriege so eine Chance nie wieder.“
Mit dem Abstand von wenigen Stunden hatte Isabel Gose einen etwas positiveren Blick auf dieses Rennen. Über ihren Instagram-Kanal postete sie Smileys und ein Foto von sich bei der Siegerehrung.
Die schwankenden Gefühle von Gose sind nachvollziehbar. In der Tat ist die Schwimm-Weltmeisterschaft in Doha/Katar eine der ganz besonderen Gelegenheiten gewesen. Denn einige der Ausnahmeschwimmerinnen hatten die Teilnahme an der WM abgesagt, weil aus Athletensicht der Termin im Februar für die Olympiavorbereitung und den optimalen Formaufbau maximal ungünstig gelegen ist. So verzichtete Katie Ledecky (USA), die seit 2013 jedes 800-Meter-Rennen bei Weltmeisterschaften gewonnen hat, und ihre große Konkurrentin, die Australierin Ariarne Titmus, auf einen WM-Start.
Zwangspause in der Vorbereitung
Andererseits zeigt der hauchdünne Rückstand von Isabel Gose auf Quadarella, die Olympia-Dritte von Tokio 2021, dass der in den vergangenen Jahren so abgehängte Deutsche Schwimm-Verband (DSV) wieder Zuversicht schöpfen kann. Zumal Gose, die in Magdeburg trainiert, sich bei dieser WM mit zwei Bronzemedaillen über 400 und 1.500 Meter Freistil auf zwei weiteren Strecken für die Olympischen Spiele qualifiziert hat.
Für besonderen Glanz sorgte Angelina Köhler, der als erster DSV-Schwimmerin seit 2009 (Britta Steffen) eine Goldplakette umgehängt wurde. Sie war die Schnellste über 100 Meter Schmetterling. Mit dem dritten Rang von Lukas Märtens über 400 Meter Freistil ist die Medaillenausbeute des DSV bei den WM-Beckenwettbewerben so gut wie seit 15 Jahren nicht mehr. Auch wenn die Bilanz durch die geminderte Wettbewerbssituation geschmälert wird, gibt das Aufwind.
Isabel Gose hat ihre Erwartungen jedenfalls übertroffen. Eine Medaille bei der Weltmeisterschaft hatte sie sich zum Ziel gesetzt. Die Voraussetzungen waren dafür nicht gerade ideal. Im Trainingslager zu Beginn des Jahres hatte sie sich noch eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. Ärger über eine WM-Silbermedaille hätte sie sich damals gewiss nicht vorstellen können.
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