Fahrradwege in Berlin: Das neue Schreiner-Tempo
Der Ausbau der Radwege stockt: Keines der von der CDU-Verkehrsverwaltung überprüften Projekte ist fertig. Auch Spielstraßen drohen unter die Räder kommen.
Laut Verkehrsverwaltung werde für den Großteil der Projekte, etwa auf der Hermannstraße, der Sonnenallee oder dem Adlergestell, mit einem Start der Bauarbeiten in diesem Jahr gerechnet; nur im Fall der Köpenicker Landstraße ist der Baubeginn ungewiss. Doch an den Zeitplänen gibt es Zweifel: Für fünf der Projekte liegen noch nicht einmal die Straßenbaugenehmigungen vor, etwa für die Hansastraße in Moabit, die bereits seit 2017 geplant wird. Bei insgesamt neun geplanten Fahrradstraßen wurden bislang keine Unternehmen für Bauleistungen beauftragt.
Laut Hassepaß wurden „mindestens die Hälfte der Projekte monatelang ausgebremst“, möglicherweise würden diese „nie genehmigt“. Die autofreundliche Senatsverwaltung drängt darauf, dass die Radwege nicht zulasten des Autoverkehrs oder von Parkplätzen gehen. Ein Dokument mit „Hinweisen für die Planung von Radverkehrsanlagen“ der Verwaltung aus dem August wurde erst im Dezember an die Bezirke übermittelt. Hassepaß spricht von einer „unnötigen und nicht nachvollziehbaren Verzögerung“. Für die gestoppten Projekte in der Stubenrauchstraße, Roedernallee und der Blankenfelder Chaussee soll Ende März entschieden werden, ob und wie sie gebaut werden.
Laut Verkehrsverwaltung ließe sich „nicht mit Sicherheit sagen, welcher Einflussfaktor welche zeitliche Verzögerung mit sich gebracht hat“. Neben der Überprüfung der Projekte hätten auch „fehlende personelle Kapazitäten in den Bezirken“ oder „Engpässe bei Bau- und Markierungsunternehmen“ zu den Verzögerungen geführt.
Autopolitik geht weiter
Zukünftig sollen Radverkehrsmaßnahmen zwar nicht grundsätzlich überprüft werden, jedoch dann, wenn „die Task Force von der Hausleitung der Senatsverwaltung für Mobilität“ einen entsprechenden Auftrag erhält. Für Hassepaß bedeutet das die Abkehr von Vorgaben aus dem Mobilitätsgesetz und dem Radverkehrsplan; Planungen würden „passend gemacht, wenn die politische Stimmungslage es erfordert“.
Bereits Mitte Januar war bekannt geworden, dass 2023 nur 4,2 Millionen Euro für „Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs“ ausgegeben wurden; dabei standen 10,75 Millionen Euro dafür bereit. Dabei hatte die Vorgängerregierung das Budget extra erhöht, um den Vorgaben des Mobilitätsgesetzes gerecht zu werden. Für das laufende Jahr hat die schwarz-rote Landesregierung nur noch 7,5 Millionen Euro eingestellt – eine Kürzung des Budgets um 30 Prozent. Pro Jahr wurden zuletzt nur etwa ein Viertel der laut Radverkehrsplan vorgesehene 100 Kilometer Radwege gebaut.
Neue Vorgaben des Senats werden die Einrichtung temporärer Spielstraßen in Zukunft wohl auch verunmöglichen. Schreiners Verwaltung verlangt, dass Bezirke diese nur noch genehmigen dürfen, wenn sie als Straßenfest beantragt werden. Das Bündnis Temporäre Spielstraßen, das seit 2020 auf inzwischen 100 Straßenabschnitten regelmäßig Angebote für Kinder organisiert, kritisiert, bei der Beantragung als Straßenfest seien „Aufwand, Kosten und Verantwortung viel zu hoch“. Eine wöchentliche Regelmäßigkeit sei damit „nicht mehr denkbar“.
Hassepaß sagt: „Wieder einmal geht schwarz-rote Autopolitik auf Kosten der Schwächsten und einer gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums.“ Die Grünen-Fraktion wolle demnächst im Abgeordnetenhaus einen Antrag stellen, um den „Fortbestand der temporären Spielstraßen abzusichern und das etablierte und unbürokratische Verfahren“ fortzusetzen.
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