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Berliner Mercedes-Benz-ArenaNeuer Name für die Mehr­zweckhalle

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Die Umbenennung der Mercedes-Benz-Arena in Uber-Arena ist auch eine Machtdemonstration. Die größten Kapitalhaufen bestimmen das Bild der Stadt.

Doch auch ein Platz mit gewisser Tristesse: Blick auf die Mercedes-Benz-Arena Foto: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

D er freie Markt kann einfach alles besser. Straßenumbenennungen zum Beispiel. So benötigen Berliner Bezirke oft Jahre, um den Namen einer Straße zu ändern, wenn sie nach einem Kolonialverbrecher oder Antisemiten benannt ist. Die Immobilieninvestoren der Anschutz Entertainment Group hingegen schaffen das in nur etwas mehr als zwei Monaten.

So soll die Mercedes-Benz-Arena ab dem 22. März „Uber-Arena“ heißen, wie die Unternehmensgruppe vergangene Woche bekanntgab. Auch die Fläche vor der Mehrzweckhalle, in der Konzerte und Sportevents stattfinden, wird dann in „Uber-Platz“ umbenannt. Mit im Paket ist auch die Verti Music Hall, die bald „Uber Eats Music Hall“ heißen wird.

Natürlich erfolgt der Namenswechsel nicht aufgrund etwaiger moralischer Bedenken über den auch zwischen 1933 und 1945 sehr aktiven Automobilkonzern, sondern weil Uber einfach mehr Geld auf den Tisch gelegt hat. Nach O2 und Mercedes Benz ist Uber nun bereits der dritte Namensgeber der Mehrzweckhalle.

Zum Vergleich: Die Umbenennung der Mohrenstraße benötigte über 10 Jahre aktivistische Arbeit und intensive Diskussion, bis es im Bezirksparlament 2021 eine Mehrheit für die Umbenennung gab. Und die ist aufgrund einer Klage von Anwohnenden immer noch nicht abgeschlossen.

Der entscheidende Unterschied: Beim Mercedes-Benz-Platz handelt es sich nicht um öffentlichen Straßenraum, sondern um ein Privatgelände. Und der Eigentümer darf mit seinem Eigentum bekanntlich machen, was er will, da müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schon mal zurücktreten.

Kein Aufschrei in der Stadtgesellschaft

Für einen großen Aufschrei in der Stadtgesellschaft sorgte die Umbenennung bisher nicht. Das liegt vor allem daran, dass es sich bei dem Quartier um den Mercedes-Benz, Pardon, Uber-Platz um ein relativ neues Stadtviertel handelt, zu dem die meisten Ber­li­ne­r:in­nen bis auf den gelegentlichen Konzertbesuch kaum einen Bezug haben. Anschutz errichtete 2008 die Mehrzweckhalle auf dem ehemaligen Güterbahnhofgelände, das direkt an den Resten der Berliner Mauer liegt. Da der Investor dem Traditionsklub Eisbären Berlin eine neue Heimstätte bot, wurde Anschutz vom Senat hofiert.

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In den darauf folgenden Jahren errichtete der Investor um die Halle herum in bester Citylage gleich gegenüber der East-Side-Gallery eine Art kapitalistischen Todesstreifen: Kaum eine Grünpflanze ziert den Platz, dafür grelle LED-Tafeln, umringt von austauschbaren Systemgastronomiefilialen, Multiplexkino und Bowlingbahn sind natürlich auch mit dabei. Komplettiert wird das Ensemble von futuristischen Bürotürmen, die nach ihren Hauptmietern „Zalando-Tower“ und „Amazon-Tower“ genannt werden. Was der Ausverkauf der Stadt bedeutet, lässt sich an wenigen Orten so gut bewundern wie hier.

Nur das Taxigewerbe protestierte erwartungsgemäß gegen die Namensänderung. Man können den Uber-Platz ja gleich in den „Platz der Schwarzarbeit“ umbenennen, schlug Michael Oppermann, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, in der Branchenzeitung Taxi-Times vor. Die Taxi­branche wirft dem Transportdienstleister Uber vor, mit seinem Geschäftsmodell systematisch arbeitsrechtliche Standards zu umgehen, Lohnkosten zu drücken und somit „organisierte Schwarzarbeit“ zu betreiben.

Die Umbenennung ist nicht nur ein guter Deal für Anschutz, sondern auch eine Machtdemonstration. Nicht etwa demokratische Entscheidungsprozesse bestimmen das Bild der Stadt, sondern der größte Kapitalhaufen. Was dabei herauskommt, ist selten das Beste für die Allgemeinheit. Aber halt besser für private Investor:innen.

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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8 Kommentare

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  • Ich bin seit 40 Jahren im Konzertgeschäft und mir geht die ewige "Umbenennerei" von Hallen und Stadien schon seit langer Zeit auf die Nerven.

    Ich mache es inzwischen wie fast alle Großstädte, die zunächst bei jedem Namenswechsel die Hinweisschilder im Straßenverkehr und auch die Namen der Bus-/Bahn-Haltestellen geändert hatten, aber dann dazu übergegangen sind, nur noch den Begriff "Arena" zu verwenden.

    Ein von mir betreuter Künstler spielt demnächst in der Oberhausen Arena, der Berlin Arena, der Hannover Arena, der Nürnberg Arena, der Leipzig Arnea, der Bremen Arena, der Köln Arena und der Hamburg Arena.

    Ich mach' doch keine Werbung für Rudolf Weber, Mercedes Benz, ZAG, Nürnberger Versicherung, Quarterback Immobilien, ÖVB, Lanxess oder Barclays ... ;-)

  • In Nürnberg haben es die Fans des 1. FC Nürnberg geschafft, dass das Fußballstadion "Max-Morlock-Stadion" heißt (ein Nürnberger Spieler in der Weltmeistermannschaft von 1954)

    Das Ganze wurde finanziert durch die Consorsbank (die aber gerade auf den Stadionnamen verzichtet hat) in Kombination mit einer Crowdfunding-Aktion. Für immer ist dieser Name aber auch nicht gesichert.

    Und in Nürnberger war es auch einfacher, weil das Stadion der Stadt gehört und nicht einem privaten Konzern.

    • @SonstHarmlos:

      in Hamburg gibt es eine ähnliche Situation wie in Nürnberg, nur daß dort nicht die Stadt Eigentümer ist, sondern die HSV Fußball AG.

      Das Volksparkstadion hieß im Laufe der Jahrezehnte "AOL Arena", "HSH Nordbank Arena", "Imtech Arena", bis daß Klaus-Michael Kühne (Mehrheitseigentümer der Spedition Kühne + Nagel) in 2015 die Namensrechte erwarb und es NICHT "Kühne + Nagel Arena" nannte, sondern Volksparkstadion.

      Kühne denkt derzeit darüber nach es in Uwe-Seeler-Stadion umzubenennen.

  • Mercedes Bonz und Uber geben sich herzlich wenig. Ein staatlich massiv bezuschusstes Fossil und eine Domestikenschleuderbande.



    Sie beide erst mal nicht steuerlich und juristisch zu begünstigen wäre der erste Schritt. Dann hat man auch das Geld in öffentlicher Hand, das zur Rudi-Dutschke-Kampfbahn umzubenennen.

  • >Der entscheidende Unterschied: Beim Mercedes-Benz-Platz handelt es sich nicht um öffentlichen Straßenraum, sondern um ein Privatgelände. Und der Eigentümer darf mit seinem Eigentum bekanntlich machen, was er will, da müssen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schon mal zurücktreten.

    Der Umstand, dass der Eigentümer mit seinem Platz machen kann, was er will, im konkreten Fall dessen Namen ändern, bedeutet gerade nicht, dass "Demokratie und Rechtsstaatlchckeit zurücktreten", sondern dass sie funktionieren. Muss man das echt genauer erklären?

  • "Was der Ausverkauf der Stadt bedeutet, lässt sich an wenigen Orten so gut bewundern wie hier."

    Aus eine Brache wird ein Ort mit Arbeitsplätzen und Vergnügungsstätten, welches Wochenende für Wochenende von tausenden Besuchern besucht wird.

    Wenn das der sogenannte "Ausverkauf" ist, dann lasst uns die Stadt weiter ausverkaufen. Wir können ja gerne mit Namensrechten an Straßen anfangen.

  • "Für einen großen Aufschrei in der Stadtgesellschaft sorgte die Umbenennung bisher nicht." - Vielleicht ist es den Leuten auch einfach egal, weil sie noch wichtigere Probleme haben, als kämpferisch für den Namen Mercedes Benz zu streiten.

  • Der Touri schaut auf die Google-Apple-XY-Map und liest den aktuellen Namen ab. Dem ist es egal, wer gerade aktueller Markeninhaber ist.



    Der Berliner hingegen ist langsam aber sicher massiv irritiert und kommt gar nicht mehr hinterher, sich den aktuell neusten Besitzer einzuprägen. Aber das ist dem namensgebenden Konzern egal. Hauptsache dem Marketing ist Genüge getan. Und so ist auch das komplette Areal zu betrachten.