Genossenschaft stellt Insolvenzantrag: Energiegewinner eG sucht Ausweg

Zu schnell zu viel gewollt? Die Genossenschaft aus Köln hat sich offenbar mit einem Großprojekt übernommen und braucht nun Geld – und gute Ideen.

Dach eines Fachwerkhauses mit Solarpanelen

Auch Photovoltaik gehört zum Portfolio der Energiegewinner eG Foto: Imago

FREIBURG taz | Beim Amtsgericht Köln wurde ein bemerkenswerter Insolvenzantrag gestellt. Er kommt von der Kölner Genossenschaft Energiegewinner eG, die mit 2.800 Mitgliedern zu den größeren Energiegenossenschaften in Deutschland zählt. Dass eine Genossenschaft zum Insolvenzgericht muss, ist ein eher ungewöhnlicher Vorgang, denn diese weisen im Vergleich zu anderen Rechtsformen eine extrem niedrige Insolvenzquote auf.

Die Kölner Genossenschaft betreibt Anlagen mit mehr als 25 Megawatt installierter Leistung, darunter zahlreiche Solarparks, Windkraftanlagen, ein Wasserkraftwerk sowie ein E-Carsharing und eigene Lade­infrastruktur. Sie hat nach eigenen Angaben 15 Mitarbeiter in der Genossenschaft sowie rund 40 weitere Mitarbeiter in der Tochtergesellschaft Energiegewinner Technik GmbH, die sich um Planung, Realisierung und Betrieb der Anlagen kümmert.

Für ihre Arbeit erhielt die im Jahr 2010 gegründete Genossenschaft vor drei Jahren den Deutschen Solarpreis von der Organisation Eurosolar und der Energieagentur NRW. Um große Worte war das Unternehmen nie verlegen: „Wir sind Weltverbesserer und wir bleiben bei dem, was wir versprechen“, schreibt die Firma auf ihrer Internetseite. Doch offenbar hat man den Mund etwas zu voll genommen. Laut der letzten vorliegenden Jahresbilanzen schrieb die Genossenschaft schon über Jahre Verluste, teilweise in Millionenhöhe. Jetzt drohe die Zahlungsunfähigkeit, teilte das Unternehmen seinen Mitgliedern dieser Tage mit.

In dem Schreiben, das der taz vorliegt, benennt die Genossenschaft konkret einen Solarpark im fränkischen Bad Rodach als Auslöser der Finanzprobleme. Die Anlage verfügt über eine installierte Leistung von 2,3 Megawatt und wurde im Sommer vollendet. Die Firma betont, dass von dem Insolvenzantrag ausschließlich die Genossenschaft selbst betroffen sei. Die Tochtergesellschaft Energiegewinner Technik GmbH und die Projektgesellschaften seien zahlungsfähig und arbeiteten „ganz normal weiter“.

Privates Geld fehlt

Auf Anfrage erklärt das Unternehmen, es habe vergleichbare Projekte „in der Vergangenheit problemlos mit Banken und Mitgliedern finanziert“, doch nun fehle „auch bedingt durch die Entwicklung von Inflation und Zinsen“ ein wesentlicher Teil der geplanten Finanzierung durch private Anleger.

Trotz aller Einflüsse von außen dürften die Liquiditätsprobleme zu einem guten Teil aber hausgemacht sein – zumal es im Sektor der erneuerbaren Energien durch staatlich garantierte Vergütungen eine sonst in der Wirtschaft eher unübliche Investitionssicherheit gibt.

Ein Kenner des Kölner Unternehmens, der namentlich nicht genannt werden möchte, sieht eine Ursache der Probleme darin, dass die Genossenschaft stärker expandierte, als sie es auf Grundlage ihres Eigenkapitals eigentlich hätte tun dürfen. In manchen Jahren steigerte die Genossenschaft ihre Bilanzsumme um 50 Prozent, mitunter sogar um fast 100 Prozent. Statt mit erfolgreichen Projekten erst einmal Substanz und Eigenkapital aufzubauen, habe sie sich zu früh an die nächsten Schritte gewagt, heißt es. Zudem soll die Gesellschaft durch einen Wechsel im Vorstand zeitweise praktisch führungslos gewesen sein.

Wie die Genossenschaft mitteilt, wurde der Kölner Rechtsanwalt Andreas Amelung von der Kanzlei AHW zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Jetzt liege der Fokus „auf einer Fortführung der Genossenschaft“, erklärt das Unternehmen – man arbeite „mit Hochdruck“ an einer Refinanzierung.

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