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Schäden durch WetterextremeKlimawandel bedroht auch Deutsche

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Versicherungsschäden durch Unwetter können wir bewältigen. Schlimmer ist, dass Wetterextreme auch bei uns zu einer Überlebensfrage werden könnten.

Ahrtal, 11.12.2021: Flutruine in Bad Neuenahr: So etwas wünscht sich wirklich niemand Foto: Augst/Eibner-Pressefoto/imago

D as Klima erhitzt sich immer weiter, aber in Deutschland bleiben die versicherten Schäden übersichtlich. Zwar ist die Gefahr noch nicht vorbei, dass es in Niedersachsen und anderswo zu weiteren schweren Hochwassern kommt. Doch die Versicherungen haben schon Bilanz gezogen: Bisher lief das Jahr 2023 relativ glimpflich ab. Wetterextreme wie Sturm, Hagel und Überschwemmungen haben versicherte Schäden von voraussichtlich 4,9 Milliarden Euro verursacht.

Das entspricht dem langjährigen Durchschnitt. 4,9 Milliarden Euro klingt wie eine enorme Summe, aber diesen Betrag verkraften die Versicherungen mühelos. Nur zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte sich 2023 auf knapp 4.000 Milliarden Euro belaufen, sodass die versicherten Wetterschäden einem harmlosen Promille entsprechen.

Trotzdem wäre es falsch, wenn sich die Deutschen sicher fühlten, nach dem Motto: Die Klimakrise gibt es, aber nicht hier. Die Versicherungsdaten führen schon deswegen in die Irre, weil nicht jeder Schaden versichert ist. Bestes Beispiel ist das Ahrtal. Dort hinterließ 2021 ein zweitägiger Starkregen Schäden von enormen 28 Milliarden Euro, für die nun weitgehend der Staat aufkommen muss.

Zudem ist die Klimakrise tückisch. Die Wetterextreme steigen nicht linear, sondern es kann plötzlich zur Totalkatastrophe kommen. Schon jetzt ist es möglich, dass in den USA, Europa und Russland gleichzeitig eine lange Dürre auftritt und damit die weltweite Getreideernte ausfällt. Auch im reichen Westen würde sich abrupt die Frage stellen, wovon die Bevölkerung eigentlich leben soll. Alle hätten weiterhin ihre Handys, Autos und Häuser – aber fast nichts mehr zu essen. Niemand weiß, ob und wann eine solche Großdürre auftritt. Aber schon ihre Möglichkeit zeigt, dass es absurd wäre zu glauben, wir könnten uns dem Klimawandel „anpassen“. Nein, wir müssen ihn stoppen, wenn wir überleben wollen.

Leider ist diese Einsicht nicht weit verbreitet. Stattdessen glauben CDU, AfD und Sahra Wagenknecht, sie könnten Klimaschutz zu einer verirrten Idee der Grünen deklarieren.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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