DFB-Fußballerinnen gegen Wales: Ende der Siegermentalität
Die DFB-Frauen halten ihre Olympiachance nur dank fremder Hilfe aufrecht. Nach dem Remis in Wales ist die jüngste Euphorie schon wieder verflogen.
Es war wohl die letzte Dienstreise, die Joti Chatzialexiou mit den deutschen Fußballerinnen unternommen hat. Sein Job als Sportlicher Leiter Nationalmannschaften ist in der neuen Organisationsstruktur beim Deutschen Fußball-Bund künftig hinfällig – und für die DFB-Frauen ist bald Nia Künzer als Sportdirektorin verantwortlich. Zumindest freute sich Chatzialexiou „über das vorzeitige Nikolausgeschenk, das uns die Isländerinnen gemacht haben“, wie der 47-Jährige als Zeuge eines verstörenden deutschen Auftritts in Wales (0:0) sagte.
Denn nur durch den Sieg Islands in Dänemark (1:0) blieb die uninspirierte Darbietung folgenlos, die sich im ARD-Livestream immerhin eine Million Zuschauer ansahen. Es hätte zu einem Länderspieljahr voller Irritationen gepasst, wenn die Chance auf die Olympischen Spiele von einem Ensemble in Swansea weggeworfen worden wäre, das in Rostock vor vier Tagen noch gefeiert wurde.
Horst Hrubesch hat zwar gewarnt, dass der letzte Schritt der schwerste sei („Ich weiß, wie diese Spiele laufen“), aber auch den Interimstrainer dürfte der Rückfall in ideenlose WM-Zeiten irritiert haben. Von der Siegermentalität zuletzt gegen Dänemark (3:0) war nichts mehr zu sehen. Dieses Ensemble gibt Rätsel in Endlosschleife auf.
Dennoch konstatierte der Bundestrainer: „Wir haben geschafft, was wir uns vorgenommen haben: Wir sind noch im Geschäft.“ Der Traum von Olympia lebt weiter. Die zwei freien Startplätze vergibt die Uefa erstmals über ihre neue Nations League. Die Finalrunde ist vom 23. bis 28. Februar 2024 terminiert, am Montag werden die Halbfinals ausgelost, gleichzeitig auch das Heimrecht. Anders als bei den Männern spielen die Frauen kein Turnier auf neutralem Platz.
Deutsches Team in Außenseiterrolle
„Mir wäre Frankreich sehr lieb, dann hätten wir zwei Möglichkeiten, uns zu qualifizieren“, sagte Hrubesch. Kommen die als Gastgeber bereits qualifizierten Französinnen ins Endspiel, reicht auch Platz drei. Die weiteren Gegner sind Weltmeister Spanien und die Niederlande, die durch Last-Minute-Treffer gegen Belgien (4:0) noch Vizeweltmeister England eliminierten. Der 72-Jährige gab zu, „nicht als Favorit“ anzutreten.
„Wir haben uns das Spiel aus der Hand nehmen lassen, waren immer zu spät und sind in der ersten Halbzeit nur hintergelaufen“, kritisierte er. „Das war nicht unser Anspruch, meiner schon gar nicht.“
Seine Spielerinnen schienen auf den Widerstand des Absteigers nicht eingestellt. Leistungsträgerinnen wie Giulia Gwinn und Sydney Lohmann vom FC Bayern zu schonen, war ein Fehler – genau wie die Startaufstellung der intern sogar beim VfL Wolfsburg von Sportdirektor Ralf Kellermann angezählten Jule Brand und der überforderten Newcomerin Elisa Senß von Bayer Leverkusen. „Es kann nicht sein, dass wir gegen Dänemark so eine Leistung bringen und dann heute so ein Spiel spielen“, sagte Sjoeke Nüsken.
Hrubesch macht über den Jahreswechsel weiter, „so ist es geplant“, verriet er. Ihm würde auch der Traum nicht verwehrt, mit Alexandra Popp und Co bei den Olympischen Spielen anzutreten. Dennoch ist es nur professionell, wenn DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig – sicherlich in enger Absprache mit Künzer – im Hintergrund die Trainerfrage abklopft, um spätestens für den Sommer gewappnet zu sein. Voraussetzung soll Erfahrung im Frauenbereich sein, daher sind Stefan Kuntz oder Miroslav Klose kein Thema.
Zum Kandidatenkreis gehören neben den Bundesliga-Trainern Tommy Stroot (VfL Wolfsburg) und Stephan Lerch (TSG Hoffenheim) und dem früher beim FC Bayern arbeitenden Thomas Wörle (SSV Ulm, Männer), der erfahrene Colin Bell (Südkorea), die inzwischen bei Eintracht Frankfurt angestellte, frühere U16-Nationaltrainerin Friederike Komp und sogar Jill Ellis, zweimalige Weltmeistertrainerin der USA, die derzeit die Technische Studiengruppe der Fifa leitet.
Bereits im Frühjahr 2024 startet die nächste Auflage der Nations League, über die auch die Qualifikation für die EM 2025 in der Schweiz erfolgt. Deutschland muss in der A-Kategorie mindestens Gruppenerster oder -zweiter werden, um sich direkt zu qualifizieren.
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