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Fränkisches GlasgefäßPlatte Flasche für sauren Wein

Der Bocksbeutel gehört zu Franken wie der Maßkrug zu Bayern. Doch wer was auf seinen Wein hält, füllt ihn lieber in Burgunderflaschen.

Bocksbeutel waren im Mittelalter verbreitet Foto: Martin Siepmann/imago

I n einer Hinsicht können wir unsere Gäste nicht befriedigen: Es wird in Franken entgegen der verbreiteten Annahme kein Bocksbeutel angebaut. „Bitte einen anständigen Bocksbeutel“ – danach wird auch bei uns im Restaurant gefragt. Wir müssen passen.

Sicher, der Bocksbeutel gehört zu Franken wie der Maßkrug zu Bayern. Aber bei beiden handelt es sich nur um Gebinde. Und während man im Bierzelt leicht „a Moaß“ bestellen kann – für den Inhalt beansprucht der Trinker keine Auswahl –, ist das beim Bocksbeutel anders. Da muss sich der Gast entscheiden, was daraus eingegossen wird.

Für das Missverständnis ist der Name mitverantwortlich. Bocksbeutel beschreibt einen platt gedrückten Glasballon, eine Flasche, die im Mittelalter verbreitet war. Eine Erklärung besagt, dass die Flasche an das Gemächt eines Ziegenbocks erinnerte. Eine andere verweist auf den „Buchbeutel“, in dem der Klerus seine Lektüre trug, der aber auch andere Nahrung enthalten konnte.

Am Main erkannte man nach dem Zweiten Weltkrieg, dass die Flasche die Botschafterin für den Frankenwein sein könnte. Heute steht der Bocksbeutel sogar unter geografischem Markenschutz. Außerhalb Frankens darf darin nur in Ausnahmefällen Wein abgefüllt werden.

Der Protektionismus hat wenig geholfen, weder der Flasche noch der Weinregion. Die einst hohe Nachfrage nach Frankenwein führte dazu, dass „Masse statt Klasse“ produziert wurde – eher wässriger, oft auch saurer Wein kam in den Bocksbeutel, meist ­Müller-Thurgau. Der Ruf war bald dahin, und bis heute mühen sich die Winzer, das Image ihres Weines zu verbessern.

In Deutschland wird guter heimischer Wein noch immer mit Riesling und Spätburgunder identifiziert – und den großen Weinregionen an Rhein und Mosel. In Franken dominiert die Weißweinsorte Silvaner. Seine Eigenart: Die Charakteristik wird stark vom Terroir regiert, also den Gegebenheiten, wie der Wein wächst.

Das hat Vor- und Nachteile: Silvaner hat keinen typisch erkennbaren Geschmack, die Diversität an Weinen, die die Rebe hervorbringt, ist enorm und die Qualität so hoch, dass die Weine gut altern können. Insgesamt also ist alles ausreichend, auch, als Restaurant seinen Weinkeller ausschließlich mit Silvaner zu bestücken. Wenn es da nicht die Scheurebe gäbe, die gerade sehr in Mode kommt.

Für den neuen Frankenwein steht der Bocksbeutel gerade nicht. Vor ein paar Jahren hat die Flasche ein Remake erfahren, das neue Design ist kantiger geworden. Es hat nichts geholfen. Wer was auf seinen Wein hält, füllt ihn in lange Schlegel- oder Burgunderflaschen. Der „anständige Bocksbeutel“ ist ein Objekt fürs Museum geworden.

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Jörn Kabisch
Autor
Wirt & Autor für taz und FuturZwei
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