: Ein Quotenmodell als Investitionsbremse
Diese Zahlen entlarven, was Eon und Co tatsächlich wollen: Wer das Quotenmodell in Großbritannien und Italien mit dem Einspeisesystem Deutschlands und Spaniens vergleicht, kann – will er wirklich mehr Ökostrom – nur das bestehende gutheißen
VON BERNWARD JANZING
Die Qualität eines Fördersystems lässt sich an zwei Punkten bemessen: Erfolg und Preis. Im Fall der regenerativen Energien macht sich Erfolg am Umfang des Kapazitätsausbaus fest. Der Preis ist das, was pro Kilowattstunde Ökostrom bezahlt werden muss.
Das vom VDEW gestern auf seinem Jahreskongress vorgeschlagene Quotenmodell ist nicht neu: Italien und Großbritannien praktizieren es. Und belegen: ohne Erfolg. So betrug 2004 in den Ländern etwa der Windkraftausbau pro Kopf nur ein Sechstel des deutschen, ein Zwölftel des spanischen Zuwachses. Das Quotensystem funktioniert so: In Großbritannien müssen die Stromversorger seit 2002 zu einem festgelegten Prozentsatz grünen Strom entweder selbst produzieren oder Zertifikate (Renewable Obligation Certificates, ROC) kaufen. Tun sie das nicht, müssen sie Strafe zahlen. Der staatlich geforderte Anteil an Ökostrom lag für 2004 bei 4,3 Prozent und erhöht sich jährlich um 1 Prozentpunkt. Sie sollen 2015 schließlich bei 15,4 Prozent liegen. Tatsächlich wurde die Quote bisher nicht erreicht: Im Jahr 2003 wurden gerade 1,8 Prozent Ökostrom produziert.
Dieser Misserfolg liegt am Preis. Der setzt sich aus drei Teilen zusammen: Zertifikatspreis, der über Handelsauktionen bestimmt wird – 2003 durchschnittlich 7 Cent je Kilowattstunde, dem Marktpreis des – konventionellen – Stroms und einem staatlichen Zuschuss – in Großbrittanien eine Steuerbefreiung für regenerative Energien (Climate Change Levy). Damit bekommen britische Ökostromer umgerechnet etwa zehn Cent je Kilowattstunde – fast ein Drittel mehr als deutsche Kollegen. Doch trotz höherer Vergütung hinkt der Ausbau weit hinter Deutschland zurück. Das liegt vor allem an der fehlenden Planungssicherheit: Würde eines Tages die Quote tatsächlich erfüllt, fiele der gehandelte Zertifikatspreis – die Kalkulation der Projekte bräche zusammen. Auf dieses Risiko lässt sich kaum ein Banker ein.
Außerdem ist im Quotenmodell keine Differenzierung nach Art der Stromerzeugung vorgesehen. Während das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) jede Energieart individuell fördert, so innovative und Erfolg versprechende Technologien bevorzugt, ist das in Großbritannien nicht möglich und auch gar nicht gewollt. Solarenergie fällt so zum Beispiel hinten runter, weil sie derzeit einfach teurer ist als Windstrom.
Das italienische Modell ist ganz ähnlich: Anfangs wurde ein Zuwachs von jährlich 2 Prozent Regenerativstrom vorgeschrieben, der auch erreicht wurde. Seit 2004 steigt die Quote leicht. Weil hier die Zertifikate aber nur für die ersten acht Jahre des Anlagenbetriebs vergeben werden, stockt der Ausbau. Das hat Auswirkungen auf den Preis: Windkraft kostet in Italien zwischen 12 und 14,5 Cent je Kilowattstunde – in Deutschland zwischen 6,6 und 8,8 Cent.
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