Beziehungen zwischen USA und China: Hoffen auf Tauwetter

Die Rhetorik zwischen den USA und China hat sich zuletzt entspannt. Nun soll Präsident Xi erstmals seit der Pandemie wieder in die Vereinigten Staaten reisen.

Wang Yi und Antony Blinken in Washington

Der chinesische Außenminister Wang Yi und US-Außemninister Antony Blinken 2023 in Washington Foto: Sarah Silbiger/reuters

PEKING taz | An Tagen wie diesen wird mehr als deutlich, wie schwierig eine Deeskalation zwischen den zwei Weltmächten in der Praxis zu bewältigen ist: Während sich die zwei Außenminister Wang Yi und Anthony Blinken mit guter Absicht in Washington zu Gesprächen treffen, kam es zeitgleich über dem Südchinesischen Meer zu einem riskanten Manöver: Ein chinesisches Kampfflugzeug kam einem B-52-Bomber der USA auf wenige Meter nahe. Und natürlich machten sich beide Seiten gegenseitig für den Vorfall verantwortlich.

Dennoch täuscht die Causa nicht darüber hinweg, dass sich die bilateralen Beziehungen zwischen Washington und Peking in den letzten Wochen in eine positive Richtung entwickelt haben. Was zuvor noch nahezu ausgeschlossen schien, ist längst eingetreten: Beide Regierungen halten wieder regelmäßig hochrangige und konstruktive Gespräche ab.

Das vielleicht deutlichste Zeichen der Entspannung zeigte sich am Mittwoch, als der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom eine seltene und überraschende Audienz bei Xi Jinping erhielt. Es war das erste Mal seit sechs Jahren, dass sich Chinas Staatschef mit einem US-Gouverneur persönlich traf. Und die Gesprächsatmosphäre, daran lassen die offiziellen Fotos keinen Zweifel, war betont freundlich.

Auch die Rhetorik des Gasts aus Übersee war überaus zürückhaltend. „Ich bin mit offener Hand hier, nicht mit geschlossener Faust“, sagte Newsom bei seiner Pressekonferenz in Peking. Die unmissverständliche Botschaft des 56-jährigen Demokraten: Es sei endlich an der Zeit, den ewigen Eskalationskreislauf zwischen den zwei Weltmächten zu durchbrechen.

Voneinander lernen

Am Beispiel Kaliforniens zeigt sich durchaus, dass die pragmatischen, verbindenden Themen zwischen den zwei Staaten nach wie vor existieren: Allen voran im Kampf gegen den Klimawandel haben sie nicht nur überschneidende Interessen, sondern können auch voneinander lernen.

Das Tauwetter zwischen Peking und Washington beruht jedoch nicht zuletzt auf taktischem Kalkül. Auch wenn noch nicht offiziell bestätigt, soll Staatschef Xi Jinping zum bevorstehenden Apec-Gipfel nach San Francisco reisen – und dort auf Präsident Joe Biden treffen. Der Besuch wäre in mehrfacher Hinsicht eine Kehrtwende: Seit der Pandemie hat Xi fast ausschließlich in Peking empfangen. Seine Auslandsreisen beschränkten sich bislang auf freundschaftlich gestimmte Staaten wie etwa Russland.

Für die internationale Staatengemeinschaft ist die rege Kommunikation zwischen den Vereinigten Staaten und dem Reich der Mitte ein positives Zeichen. Denn das Säbelrasseln rund um Taiwan und das Südchinesische Meer legen jedes Mal aufs Neue schonungslos offen, wie schnell eine unüberlegte Eskalation in ein offenes Gefecht münden könnte. Und um Missverständnissen vorzubeugen, braucht es vor allem Koordination und Austausch.

Im Kern wird wohl der prägende Konflikt des 21. Jahrhunderts jedoch weiter Bestand haben. Schließlich geht es auch um die künftig vorherrschende Systemordnung: Die Volksrepublik unter Xi Jinping lehnt die westliche Dominanz ab und möchte ihre eigene Vision einer multilateralen Weltordnung verwirklichen – zweifelsohne unter chinesischer Führung, mit Wladimir Putin Seite an Seite.

Möglicherweise also ist das jetzige Tauwetter nur die Ruhe vor dem Sturm. Doch immerhin ist der Wille zur Deeskalation deutlich zu merken. Man brauche einen „eingehenden“ und „umfassenden“ Dialog, um Missverständnisse abzubauen und die Beziehungen zu stabilisieren, sagte Außenminister Wang Yi am Donnerstag in Washington. Die beiden Länder hätten schließlich wichtige Herausforderungen, die sie gemeinsam bewältigen müssten. Dem ist nichts hinzuzufügen.

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