Utopien weltweit: Gerechtigkeit, Freiheit, Toleranz
Was wünschen sich junge Menschen außerhalb Europas für die Zukunft? Protokolle aus Kampala in Uganda und Bangkok in Thailand.
„Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen gut sind“
Martin aus Kampala, Uganda:
28, lebt in Ugandas Hauptstadt Kampala und arbeitet dort als Anwalt und Aktivist. Er leitet die Rechtsabteilung der LGBT+-Organisation Let’s Walk Uganda, die gegen Stigmatisierung und Diskriminierung kämpft.
Foto: privat
Ich schätze viele Dinge an Uganda. Natürlich das Wetter, den Humor und die Gastfreundschaft. Hier in Uganda sehe ich überall fürsorgliche Menschen, die barmherzig und freundlich sind. Wenn jemand Geld verdient, unterstützt er mindestens fünf Menschen in seinem Umfeld, egal ob Familie oder Freunde.
Leider läuft in Uganda aber auch vieles schlecht. Über 75 Prozent der Bevölkerung sind unter 30, davon sind viele arbeitslos und dadurch gibt es viel Armut. Wir haben eine schreckliche Regierung, obwohl Uganda inzwischen demokratische Züge hat, wird das Land immer noch stark autoritär regiert. Es gibt keine Meinungsfreiheit und auch viele andere Menschenrechte werden verletzt. Zum Beispiel durch das Anti-Homosexuellen-Gesetz. Das neue Gesetz aus diesem Jahr hat die Intoleranz gegenüber queeren Menschen noch einmal verschärft. Außerdem spüren wir auch hier die Auswirkungen des Klimawandels, allein durch die Überschwemmungen dieses Jahr.
Ich möchte in Uganda eine Gesellschaft, in der man sich frei äußern kann, religiös tolerant ist und man lieben kann, wen man will. Eine Welt, in der die Grenzen nicht verschlossen sind. Was mich weiter für eine bessere Zukunft kämpfen lässt, ist meine Überzeugung, dass die meisten Menschen gut sind. Wir haben in Uganda eine der jüngsten Bevölkerungen der Welt. Das ist inspirierend. Wenn ich an meine Idole Nelson Mandela oder Martin Luther King denke, merke ich, dass auch sie sich nicht vorstellen konnten, dass ihre Träume wahr werden, und trotzdem haben sie nicht aufgegeben.
Wir Menschen im Globalen Süden leiden immer wieder unter den politischen Entscheidungen des Nordens. Zum Beispiel unter dem Versagen beim globalen Klimaschutz. Der Norden sollte die Gewinne aus seiner egoistischen Politik in sauberes Wachstum und saubere Entwicklung investieren. Es sollten Mittel für die Gemeinschaften hier im Globalen Süden bereitgestellt werden, die am stärksten vom Klimawandel und von Klimakatastrophen betroffen sind. Da wir nicht die Hauptverursacher der Zerstörung sind, sollten wir auch nicht allein für den Wiederaufbau des Ökosystems aufkommen müssen. Diese Klimagerechtigkeit sollte sehr bald verwirklicht werden, damit sich die Welt sauber weiterentwickeln kann.
Protokoll: Jean Dumler
„Eine Welt, in der niemand die Heimat eines anderen zerstört“
Prim aus Bangkok, Thailand:
23, wuchs in Bangkok, Thailand, auf und besuchte dort eine internationale Schule. Mit 18 Jahren zog sie in die USA, um zu studieren. Sie arbeitet nun als Associate Lean Production Consultant in Chicago.
Meine Utopie ist, dass alle Menschen das haben, was sie brauchen: Nahrung, sauberes Wasser, ein Dach über dem Kopf und Zugang zu Bildung. Niemand sollte sich mehr Sorgen um diese Dinge machen müssen. Ich wünsche mir auch eine Welt ohne Vorurteile, in der alle Menschen gleich behandelt werden. Und in der niemand die Heimat eines anderen zerstört.
Mein Heimatland Thailand ist ein wunderschönes Land. Die Wirtschaft in Thailand läuft immer besser; immer mehr Menschen besuchen Thailand und viele andere Dinge kurbeln die Wirtschaft an. Meine Eltern wollten, dass ich nach meinem Abschluss in den USA direkt nach Thailand zurückkehre und in der Firma meines Vaters arbeite. In asiatischen Kulturen ist es sehr üblich, dass man das Geschäft der Eltern einfach übernimmt.
Ich liebe Thailand und kann mir vorstellen, später dort zu leben, aber nicht jetzt. Zuerst möchte ich erfolgreich Karriere machen und nicht nur arbeiten, um meine Familie stolz zu machen. Sondern morgens motiviert zu einer Arbeit gehen, bei der ich etwas für andere Menschen in der Welt tun kann. Im Moment fühle ich mich jedes Mal, wenn ich von Amerika nach Thailand fahre, wie ein sehr anspruchsvoller Fremdkörper.
Es gibt viele Faktoren, die dazu führen, dass die Stimmen des thailändischen Volks nicht gehört werden. Die Thailänder gelten oft als sehr konservativ und verschlossen. Sie haben aber vor allem große Angst, ihre Meinung zu sagen, weil sie in einer Monarchie leben. Das merkt man vor allem noch bei der älteren Generation. Aber jetzt ist die junge Generation die treibende Kraft in der Gesellschaft, und sie ist offener für viele Themen, wie zum Beispiel LGBTQ, Abtreibung oder Meinungsfreiheit.
Das war lange Zeit undenkbar, weil die Mehrheit der Menschen in Thailand Buddhisten sind und Dinge wie Abtreibung gegen unseren Glauben verstoßen. Aber die jüngere Generation traut sich mehr, ihre Meinung zu sagen, auch wenn sie damit auf viel Ablehnung stoßen kann.
Ich wünsche mir für die Zukunft Thailands eine Basis, auf der die Generationen friedlich miteinander leben können, ohne sich ständig zu widersprechen. Wo Unterschiede nicht stigmatisiert, sondern als etwas Einzigartiges gesehen werden.
Protokoll: Jean Dumler
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