piwik no script img

Nachruf auf Friedensnobel­preisträgerMartti Ahtisaari für Verständigung

Der finnische Ex-Präsident bekam 2008 den Friedensnobelpreis. Er setzte sich wie wenige andere für die Lösung internationaler Konflikte ein.

Im Alter von 86 Jahren ist Ahtisaari am 16. Oktober 2023 früh gestorben Foto: Roni Rekomaa/Lehtikuva/imago

Stockholm taz | Zwei farbenfrohe Gemälde hingen an der Wand in Martti Ahtisaaris Büro im finnischen Helsinki, und auf dem Konferenztisch stand ein Kästchen mit einem Stein aus Robben Island. Die Bilder und der Stein waren ein persönliches Geschenk von Nelson Mandela. Ahtisaari, von 1994 bis 2000 Finnlands erster direkt gewählter Präsident, weigerte sich zwar in Interviews regelmäßig die Frage nach einem politischen Vorbild zu beantworten – doch dass Mandela für ihn einen speziellen Platz einnahm, dürfte sicher sein. Vermittlung zwischen Konfliktparteien und Arbeit zum Frieden wurde der Lebensinhalt des 1937 im nunmehr russischen Viborg Geborenen.

1960 ging er für ein Entwicklungshilfeprojekt nach Pakistan, als das Außenministerium in Helsinki 1965 eine Abteilung für Entwicklungszusammenarbeit einrichtete, wurde Ahtisaari deren erster Sekretär. Seine diplomatische Karriere begann, als er 1973 zum Botschafter Finnlands in Tansania ernannt wurde. Von 1977 bis 1981 war er UN-Kommissar für Namibia und legte mit seiner friedensschaffenden Mission dort die Basis für seinen späteren Ruf: „Die Arbeit in Namibia bedeutete für mich am meisten in meinem politischen Leben“, sagte er in einem Interview, nachdem er 2008 den Friedensnobelpreis „für seine lebenslangen internationalen Vermittlungseinsätze“ erhalten hatte.

1987 wurde er zum UN-Untergeneralsekretär für Verwaltung und Finanzen ernannt und schon als möglicher Nachfolger des Generalsekretär der Vereinten Nationen gehandelt. Mit den USA geriet er nach dem Kuwait-Krieg von 1991 wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Politik gegenüber dem Irak Saddam Husseins aneinander. Sie verweigerten ihm anschließen die Unterstützung für das Amt.

Finnlands „positivster Mensch des Jahres“

Die Sozialdemokratische Partei nominierte dann drei Jahre später Ahtisaari – der kurz zuvor zu Finnlands „positivstem Menschen des Jahres“ gewählt worden war – für das Amt des Staatspräsidenten. Er gewann knapp, und bemühte sich in diesem bis dahin elitärem Amt um ein volksnahes Image. Nachdem seine Beliebtheitswerte aber absackten, trat er kein zweites Mal an.

Auf internationaler Ebene war seine Zeit aber längst nicht vorbei. 2000 gründete er die Crisis Management Initiative, die mittlerweile in über 50 Friedensprozesse involviert gewesen ist. Auch er selbst blieb ein Vermittler: Als Waffeninspektor in Nordirland kontrollierte er die Depots der IRA, im UN-Auftrag war er Leiter einer Delegation, welche die Vorgänge um das Massaker im palästinensischen Geflüchtetencamp Jenin aufklären sollte.

„Ein Finne mit einem guten Herzen“, würdigte Staatspräsident Sauli Niinistö am Montag seinen Amtsvorgänger: „Er glaubte an die Menschheit, die Zivilisation und das Gute.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!