Surfen bei den Olympischen Spielen: Turmbau zu Tahiti

Bei Olympia 2024 wird in einem einzigartigen Revier vor Tahiti über die Wellen gesurft. Nun gibt es Proteste gegen den Bau einer Plattform im Riff.

Wellenreiter Filipo Toledo in einer riesigen Welle

Naturfreund auf dem Brett: Weltmeister Filipo Toledo in der olympischen Welle Foto: Zuma Wire/imago

Die Welle, auf der die olympischen Sur­fe­r*in­nen 2024 reiten werden, ist eine Naturgewalt. Wenn sie besonders kräftig und hoch bricht, wirkt sie kaum noch wie eine Welle. Eher, als würde sich das gesamte Wasser in der Bucht vor Teahupo’o, Tahiti, aufklappen und einmal umfalten. Viele Surfende bezeichnen sie als eine der gefährlichsten und schwierigsten Wellen weltweit. Doch die Welle befindet sich in einem fragilen Ökosystem. Sie bricht über einem Korallenriff. Die Form des Riffs macht die Welle einzigartig.

Im kommenden Jahr wird sie olympisch. Doch das hat seinen Preis. Sur­fe­r*in­nen vor Ort und weltweit sorgen sich um das Riff, die Welle und ihr Ökosystem. Denn für die Olympischen Spiele soll das Riff angebohrt werden, um daran eine Metallplattform verankern zu können. Surfende und Anwohner*innen, sorgen sich, dass dadurch das Riff und ihr Lebensraum Schaden nehmen.

„Der Ozean und die Lagune ist der kostbarste Ort, den wir hier haben“, sagt Matahi Drollet. Der Profisurfer aus Tahiti veröffentlichte in der vergangenen Woche mehrere Videos unter anderem auf Instagram, in denen er sich gegen die Plattform ausspricht oder in denen er auf Protestzügen dagegen mitläuft. „Dieser friedliche Spaziergang richtet sich nicht gegen Olympia, sondern gegen den neuen Aluminium-Turm“, schreibt er dazu. Drollet hat eine Petition gegen den Neubau im Riff initiiert.

Auf der Plattform sollen die Ju­ro­r*in­nen Platz finden, die die Surfwettkämpfe bewerten. In Teahupo’o finden bereits regelmäßig internationale Surfwettkämpfe statt. Dafür wurde bisher immer ein hölzerner Turm für die Ju­ro­r*in­nen errichtet, der danach wieder abgebaut wurde. „Er funktioniert perfekt und sie müssen sich an unsere Umwelt anpassen und auf uns Locals hören“, sagt Drollet und adressiert die Organisatoren der Spiele.

Surf-Szene schließt sich Protesten an

Der bisherige Turm trägt etwa 10 bis 20 Personen. Für Olympia sollen bis zu 40 Menschen darauf passen, inklusive Ausrüstung für Fernsehübertragungen in die ganze Welt. Auf der neuen Plattform soll daher auch Platz für Toiletten und eine Klimaanlage sein.

Internationale Surfgrößen liken und kommentieren Drollets Videos. Darunter auch der bisher erfolgreichste Wettkampfsurfer und 11-fache Weltmeister Kelly Slater sowie der aktuelle Weltmeister Filipe Toledo. „Lasst das Geld nicht die Natur erobern“, kommentiert Toledo.

In einer weiteren Protestaktion paddelten ortsansässige Sur­fe­r*in­nen in die Bucht an den Punkt, an dem der Turm errichtet werden soll. Viele äußern in den sozialen Medien ihr Unverständnis darüber, dass der bisherige Turm für die Olympischen Spiele nicht ausreiche. Sie treibt die Sorge um, das Fundament für den neuen Turm könnte das Ökosystem und damit auch die Lebensgrundlage vieler Menschen vor Ort gefährden.

Matahi Drollet, Profisurfer aus Teahupo’o

„Der Ozean und die Lagune – das ist der kostbarste Ort, den wir hier haben“

Ursprünglich waren noch mehr Neubauten rund um die Bucht für Olympia geplant. Dort hat der Protest jedoch bereits gewirkt. Das olympische Organisationskomitee Tahiti hat die Planungen für eine Brücke, eine Hotelrenovierung und ein olympisches Dorf gestoppt, berichtet der britische Guardian. Neue Bauprojekte sollten auf ein Minimum beschränkt werden. Dieses verbleibende Minimum ist nun die Metall-Plattform für die Juror*innen, die im Riff verankert werden soll.

Um dennoch die Athlet*innen, Coaches und das Team der Olympiade beherbergen zu können, setzen die Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen auf ein Kreuzfahrtschiff, das in der Bucht parken soll. „Das Kreuzfahrtschiff ist nicht die beste Lösung – die Motoren laufen den ganzen Tag – aber es ist eine, die keinen bleibenden Schaden hinterlässt“, sagte die tahitische Umweltschützerin Cindy Otcenasek dem Guardian.

Bis Redaktionsschluss war kein Statement der Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen von den Olympischen Spielen 2024 zu bekommen. Auf ihrer Webseite schreiben sie: „Der Veranstaltungsort für den Wettkampf wurde designt, um die außergewöhnliche natürliche Umgebung zu schützen.“ Das Event werde die Küstenlinie nicht beeinträchtigen und Fans werden den Nervenkitzel und die Gänsehaut vor Ort genießen können, während sie die polynesische Kultur, den olympischen Geist und die Werte von Paris 2024 feiern, versprechen die Organisator*innen.

Surfen ist seit den Olympischen Spielen 2021 olympische Disziplin. Die Szene streitet seither, ob die Aufnahme die Sportart, die stolz auf ihr rebellisches Gegenkultur-Image ist, kommerzialisiert oder ihr zu mehr Akzeptanz verhilft. Der Surfwettkampf der Olympischen Spiele der Paris Olympiade kann nur deshalb auf dem weit von der französischen Metropole entfernten Tahiti stattfinden, weil die Insel als Teil von Französisch-Polynesien zu den französischen Überseegebieten zählt. Mit der Diskussion, um den Aluminium-Turm im Riff vor Teahupo’o, nimmt die Zahl der Olympia-Gegner*innen in der Surfszene wohl aktuell rasant zu.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.