Volontariat in Teilzeit: Eine Branche wandelt sich
Die „Augsburger Allgemeine“ bietet ab sofort für junge Eltern ein Volontariat in Teilzeit an. Gut so, wenn nur der Lohn reichen würde.
Endlich! Die Augsburger Allgemeine bietet ab April offiziell ein Teilzeitvolontariat an. „Wir wollen jungen Müttern und Vätern die Tür in den Journalismus öffnen“, schreibt Ausbildungsleiterin Lea Thies auf Linked-in. Eltern seien vernetzt, Organisations- und Improvisationstalente; lernten jeden Tag dazu. Für ihre Kinder müssten sie Themen einordnen und übersetzen, Erzähltalent hätten auch viele, schreibt Thies. „Eltern haben Superkräfte. Sie bringen zusätzliche wertvolle Skills mit, die jedes Redaktionsteam gebrauchen kann.“
Die Gegenargumente sind offensichtlich: Die Weltlage ist unvorhersehbar, Journalist*innen müssen einspringen können, wenn etwas passiert. Veranstaltungen, Termine und Ereignisse passen sich nicht an feste Arbeits- oder Kita-Schließzeiten an. Das spiegelt auch die Ausbildung wider.
Allein ein Volontariat zu bekommen, also eine Ausbildung in einem Verlag, oder einen Platz an einer der prestigeträchtigen Journalismusschulen, erfordert meist mehrere mies bezahlte Vollzeitpraktika. Dabei versucht man ständig, sich zu beweisen und einen guten Eindruck bei den Verantwortlichen zu hinterlassen. So klagen etwa auch in der aktuellen Ausgabe des Branchenmagazins Medium Magazin 35 Nachwuchsjournalist*innen über die hohen Hürden beim Einstieg. Mittlerweile gibt es Programme – wenn auch nicht ausreichend – für Journalist*innen mit Migrationsgeschichte oder aus Arbeiter*innenhaushalten. Wer jedoch nahezu überall hinten runterfällt, sind junge Eltern und Menschen, die Sorgearbeit übernehmen.
Dass die Augsburger Allgemeine diese Leerstelle nun angeht, ist ein gutes Zeichen. Die erste Teilzeitvolontärin hat ihre Ausbildung bereits begonnen. Dass das Volontariat nun auch offiziell für Teilzeit ausgeschrieben ist, deutet darauf hin, dass das Modell funktioniert. Warum auch nicht? Gut vernetzte Teams können sich gegenseitig ergänzen und vernetzen, hybrides Arbeiten ermöglicht Eltern, auch mal von zu Hause an einer Pressekonferenz teilzunehmen. In vielen Medienhäusern sind Journalist*innen in Teilzeit angestellt, teils sogar in Führungspositionen. Warum sollte das nicht auch in der Ausbildung funktionieren?
Sorgearbeit gerecht verteilen
Also müssten nur die restlichen Medienhäuser nachziehen und alles wird gut? Nein, denn auch das Teilzeitvolontariat ist zu schlecht bezahlt, als dass es wirklich auch für alle zugänglich wäre. Es schließt zwar eine Lücke, was die Zeitarmut von Sorgearbeitenden betrifft, für Alleinerziehende ist der Lohn aber immer noch zu knapp. Und das, obwohl die Augsburger Allgemeine im Vergleich zu anderen Journalismus-Ausbildungen besser bezahlt: In Vollzeit bekommen die Volontär*innen 2.150 im ersten und 2.450 Euro brutto im zweiten Jahr.
Die Teilzeitausbildung kann als 50- oder 75-Prozent Stelle in drei beziehungsweise vier Jahren absolviert werden. Das hieße dementsprechend in der ersten Ausbildungshälfte 1.612 Euro brutto bei einer 75-Prozent-Stelle und 1.075 Euro bei einer 50-Prozent-Stelle. Das ist für Alleinerziehende, eine der Gruppen mit dem höchsten Armutsrisiko in Deutschland, zu wenig.
Dennoch: Die Augsburger Allgemeine stärkt mit ihrem Teilzeitvolontariat maßgeblich die Vereinbarkeit von Sorgeaufgaben und Journalismus. Es hilft Paaren oder Ex-Partner*innen, Sorgearbeit gerechter zu verteilen. Andere Verlage, Medienhäuser und Schulen sollten dem Beispiel folgen. Es ist an ihnen, dabei in Zukunft auch Alleinerziehende stärker einzubeziehen und mitzudenken. Damit in Zukunft auch wirklich alle Talente ihren Zugang in die Branche finden können, gehört zu Teilzeit auch: eine Bezahlung, die für den Lebensunterhalt einer Familie reicht.
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