Einfuhr von Stahl, Dünger und Co: EU-Klimazoll geht an den Start

Die Europäische Union will ihre Industrie zum ökologischen Umbau bringen. Zu ihrem Schutz belegt sie manche Importe mit einer neuen Abgabe.

Windräder vor Kohlekraftwerk in der Dämmerung

Der neue Mechanismus sieht Importzölle vor – heimische Kohleverfeuerung bleibt unbehelligt Foto: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Berlin taz | So soll die europäische Industrie gleichzeitig klimafreundlicher werden und wettbewerbsfähig bleiben: Seit Sonntag läuft die erste Phase zur Einführung des EU-Klimazolls auf ausländische Industrieprodukte. Offiziell trägt er den sperrigen Namen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz: CBAM).

Perspektivisch soll es einen Preisaufschlag auf den Import mancher Industriewaren geben, wenn sie von außerhalb der EU kommen. Betroffen sind Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Dünger, Strom und Wasserstoff.

Die Idee ist, dass die Abgabe dem entspricht, was europäische Unternehmen durch den Europäischen Emissionshandel für ihren CO2-Ausstoß zahlen. Das entfällt nur, wenn der Exporteur nachweisen kann, dass er im Ausland schon entsprechend für den CO2-Ausstoß gezahlt hat.

Noch wird die Abgabe nicht fällig. Stattdessen muss die europäische Industrie erst einmal die Treibhausgas-Emissionen der betroffenen Importwaren berechnen, dokumentieren und melden. Zwei Jahre soll diese Übergangsphase andauern. Wenn dann alle nötigen Informationen gesammelt sind, soll es mit dem Zoll losgehen.

Lob von Um­welt­schüt­ze­r:in­nen

„Der EU gelingt mit der Einführung des CO2-Grenzausgleichs ein Coup“, meint Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch. Der Klimazoll ermögliche höhere CO2-Preise im Europäischen Emissionshandel und schaffe einen Anreiz für andere Länder, „bei Energiewende und klimaschonender Industrietransformation Tempo zu machen“.

Nicht alle von denen, die der Klimazoll beim Klimaschutz unterstützen soll, freuen sich darüber – etwa der Verband der Chemischen Industrie. Erst Mitte August habe die EU-Kommission die Verordnung zur Umsetzung veröffentlicht, das sei zu wenig Vorlauf, beklagte Verbandschef Wolfgang Große Entrup. „Sechs Wochen für eine rechtskonforme Umsetzung sind – höflich ausgedrückt – sehr sportlich“, sagte er.

Importeure von Importprodukten müssten sich aktuell durch hunderte Seiten Gesetzestext und Leitlinien kämpfen, ihre Betroffenheit eruieren und gegebenenfalls Geschäftspartnern die neuen Regeln erklären.

Große Entrup geht es allerdings nicht nur um mehr Zeit – am liebsten würde er das ganze Projekt absagen lassen. „In der deutschen Chemie bestehen große Zweifel bezüglich CBAM“, sagte er. „Ich wünsche mir den Mut, dass bei negativen Befunden eine neue Regulierung nicht nur angepasst, sondern – wenn nötig – auch einmal wieder einkassiert wird.“

Der Klimazoll der EU ist Teil des europäischen Klimapakets „Fit for 55“. Das soll die CO2-Emissionen des Staatenbunds bis 2030 um 55 Prozent senken, wenn man mit dem Niveau von 1990 vergleicht. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Laut der Internationalen Energieagentur wäre es eigentlich nötig, dass das schneller geht. Für Industrieländer empfiehlt die Agentur, dass die Emissionen in Industrieländern schon 2045 bei null liegen müssten.

Das hat sich Deutschland vorgenommen. Wie verschiedene Berechnungen, etwa vom deutschen Expertenrat für Klimafragen, aber immer wieder zeigen, ist die Bundesrepublik nicht auf einem guten Weg, ihre Klimaziele auch zu erreichen.

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