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Querdenker okkupieren WagenknechtFalsche Herausgeberin

Die Coronaschwurbel-Postille „Demokratischer Widerstand“ fällt wiederholt mit presserechtlichen Falschangaben auf.

Corona ist nicht das Problem? Fake News schon. Bilder von einer Demo in Berlin, 16. Mai 202 Foto: Stefan Boness

Die Querdenker-Zeitung Demokratischer Widerstand brüstet sich mit einer neuen prominenten Herausgeberin. Demnach soll die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht seit dem 9. September in dieser Funktion für das Blatt tätig sein. So steht es jedenfalls auf der Seite 1 der Zeitung, direkt unter dem Titel.

Nur: Das ist gelogen. Wagenknecht weiß von nichts. Auf Anfrage teilt das Büro der Bundestagsabgeordneten mit: „Die Anführung von Frau Wagenknecht als angebliche Herausgeberin der Zeitung ‚Demokratischer Widerstand‘ erfolgt ohne jegliche Einwilligung.“ Die Politikerin habe „gegen die Nennung ihres Namens protestiert“, sie verlange „die umgehende Löschung und Richtigstellung“. Außerdem prüfe sie juristische Schritte.

Die Zeitung verstößt damit nicht nur gegen Persönlichkeitsrechte von Sahra Wagenknecht, sondern auch gegen den obersten Grundsatz journalistischer Berichterstattung. Gleich in der ersten Ziffer im Pressekodex des Deutschen Presserates steht: „Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Herausgegeben wird der Demokratische Widerstand in Berlin von den beiden in der verschwörungsgläubigen Szene bekannten Querdenkern und Coronaleugnern Anselm Lenz und Hendrik Sodenkamp. In dem meist wöchentlich erscheinenden Blatt wurde und wird die ganze Palette der Verschwörungsmythen ausgebreitet, Politiker werden übel beschimpft. „Impfung ist ein Massengrab“, hieß es etwa in der Zeitung, vom „Covid Horror Regime“ war die Rede, SPD- und Grünen-Politiker:innen wurden als „Kriegstreiber, Lügnerinnen, Spritzenmörder“ beleidigt. Verbindungen zur rechtsextremen Szene sind klar belegt.

Staatsdelegitimierung

Erstmals hat der Berliner Verfassungsschutz die Zeitung und den sie tragende Gruppierung „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ in seinen Bericht 2022 aufgenommen. Ihnen wird „Staatsdelegitimierung“ vorgeworfen. Auch verübten sie „die anhaltende Verbreitung von Falschinformationen“. Zentral in ihrer Argumentation sei „die Gleichstellung des demokratischen Verfassungsstaats mit einer Diktatur“.

Der aktuelle Fall Wagenknecht hat einen Vorläufer. Vom 27. Mai 2023 bis zur Ausgabe 26. August wurde der britische Rockmusiker Roger Waters (ehemals Pink Floyd) an gleicher Stelle auf dem Titel als Herausgeber genannt. Auch das war Fake. Waters tourte zu der Zeit unter einigen Protesten durch Europa, ihm wurde Antisemitismus vorgeworfen, auch positionierte er sich im Krieg in der Ukraine an der Seite Russlands.

Mit dem Demokratischen Widerstand allerdings hat er nichts am Hut, er kennt die Zeitung nach Angaben seines deutschen Anwalts Ralf Höcker auch nicht. Mit dieser Klarstellung lässt es der 80 Jahre alte Brite aber nicht auf sich bewenden. Über den Anwalt Höcker hat er beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen „Sodenkamp & Lenz Verlagshaus GmbH“ erwirkt. In dieser wird dem Demokratischen Widerstand verboten, weiter zu behaupten, Roger Waters sei dessen Herausgeber.

Was das Lenz und Sodenkamp – Höcker bezeichnet sie ausdrücklich als „diese Irren“ – kosten dürfte, hat seine Kanzlei auf Anfrage der taz genau berechnet. Sie geht davon aus, dass es erforderlich sein wird, den Demokratischen Widerstand zur Abgabe eines Abschlussschreibens aufzufordern. Außerdem werde die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt.

Demnach werden Rechtsanwaltsgebühren für Höcker sowie Gerichtskosten von insgesamt 3.307,10 Euro fällig. Hinzu käme ein Anwalt der Zeitung, falls diese sich einen nimmt. Und das Ordnungsgeld muss für jeden Fall bezahlt werden, in dem das Blatt Roger Waters weiterhin als Herausgeber tituliert. Erfindet der Demokratische Widerstand weiterhin immer neue Herausgeber, so wird das mit der Zeit teuer werden.

Ein tatsächlicher Herausgeber zumindest für zwei Ausgaben ist weiterhin als Kolumnist für das Blatt tätig: Michael Meyen, Professor für Kommunikationswissenschaft (IfKW) an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Der Professor mit Querdenkerhaltung war im Frühjahr dieses Jahres massiv in die Kritik geraten, wegen seiner Nähe zum Demokratischen Widerstand.

Das IfKW hat sich klar von Meyen distanziert. Die bayerische Landesanwaltschaft, zuständig bei möglichen Dienstvergehen von Beamten, ermittelt weiterhin gegen ihn, ein Ergebnis gibt es noch nicht.

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