Abgeordnetenhaus von Berlin: Gereizte Stimmung im Parlament

Großer Wohnungsbaustopp bei Vonovia und ein mutmaßliches neues Enteignungsvolksbegehren bilden den Hintergrund für eine hitzige Wohnungsnot-Debatte.

Das Foto zeigt den Plenarsaal des Abgeordnetenhauses von Berlin.

Gestoppte Wohnungsbauten und Rufe nach höheren Mieten: Das Parlament debattierte über Wohnungsnot Foto: dpa

BERLIN taz | Die Ausgangssituation ist so vielfältig wie brisant, als das Abgeordnetenhaus am Donnerstag in seine Debatte über den Wohnungsmangel startet. Neue Ideen des Senats für die Vergabe frei werdender unter den rund 360.000 Wohnungen der landeseigenen Unternehmen hier, Forderungen nach fast fünf Prozent höheren Mieten dort. Zudem ein mutmaßlicher neuer Anlauf der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“, mit einem zweiten Volksbegehren Enteignung durchsetzen zu können. Und erst am Vortag hat der Immobilienriese Vonovia, der die Deutsche Wohnen 2021 übernahm, angekündigt, 60.000 geplante Wohnungsbauten auf Eis zu legen.

So tun sich interessante Fronten auf. Die SPD-Fraktion stellt sich gegen die landeseigenen Unternehmen, die mehr Einnahmen für dringend nötig für Wohnungsbau und mehr Klimaschutz ansehen: „Eine Erhöhung von 5 Prozent pro Jahr wird es mit der SPD nicht geben.“

Die CDU als Koalitionspartner legt sich da nicht fest, sieht das aber mutmaßlich anders. Und auch Bausenator Christian Gaebler (SPD) hält eine Mieterhöhung durchaus für zumutbar – umso mehr, weil die Mieten auf 30 Prozent des jeweiligen Haushaltseinkommens gedeckelt bleiben sollen. Zudem gilt für ihn: „Da wohnen nicht nur die Ärmsten der Armen, wir versorgen breite Kreise der Bevölkerung.“

Die landeseigenen Wohnungen, wie jetzt in der Diskussion, passgenauer zu vergeben – also etwa keine Vier-Zimmer-Wohnung an Singles – ist für Gaebler weder, wie von der AfD behauptet, Sozialismus noch Zwangsbewirtschaftung, sondern schlicht besserer Umgang mit einem knappen Gut.

Exsenator fühlt sich angegriffen

Und auf Kritik der Linksfraktion, die schwarz-rote Koalition bekomme nicht genug Wohnungen gebaut – „die wahren Bauverhinderer sitzen im Senat“ – arbeitet sich Gaebler an der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg ab: „Die Wohnungsbauprojekte, die Sie alle verhindert haben, da könnten zehntausende Berliner drin wohnen.“ Das wiederum bezieht Sebastian Scheel, Gaeblers Vor-Vorgänger als Bausenator und nun Linken-Abgeordneter, auf sich und drängt in einer persönlichen Erklärung auf Mäßigung. Was wiederum Gaebler kontert und damit eine Geschäftsordnungsdebatte samt Sitzungsunterbrechung auslöst, ob es nun noch eine zweite Rederunde geben müsse.

Die gibt es nicht, und in der folgenden Fragestunde äußert sich Regierungschef Kai Wegner (CDU) derart prägnant zu den jüngsten Aktionen der Gruppe „Letzte Generation“, vor allem dem Beschmieren des Brandenburger Tors, dass selbst diese so lebhafte Wohnungsdebatte in den Hintergrund rückt. Die Gruppe arbeitet aus Wegners Sicht gegen ihre selbst formulierten Ziele: „Sie versauen die Stimmung für mehr Klimaschutz.“ Den Grünen hält er vor, sich von den Aktionen nicht zu distanzieren. Wegner nennt die Akteure „Chaoten“, Finanzsenator Stefan Evers spricht von „Kriminellen“. Auf Nachfrage des Grünen Vasili Franco verspricht Wegner aber auch die Bestrafung jener, die Selbstjustiz an Blockierern üben: „Straftaten, egal von welcher Seite, müssen sanktioniert werden.“

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