Comeback im DFB-Team: Lächeln für ein neues Miteinander
Nach langer Verletzungspause soll Giulia Gwinn endlich wieder für die Auswahl spielen. Die Außenverteidigerin wurde bei der WM schmerzlich vermisst.
Und sie lächelte später auch weiter, als Jungs und Mädchen speziell von ihr noch ein Autogramm oder ein Selfie erhaschen wollten: Die Rechtsverteidigerin vom FC Bayern ist nun mal eines der bekanntesten Gesichter im deutschen Frauenfußball – dafür hätte sie gar nicht während der WM in Australien und Neuseeland noch als ZDF-Expertin auftreten müssen.
Früh stellte die von zwei Kreuzbandrissen geplagte 24-Jährige aus der Ferne fest, dass die Mission zum dritten Stern auch deshalb so krachend scheiterte, weil nie dieser Zusammenhalt wie noch bei der EM in England hergestellt werden konnte. Deshalb sei es elementar, sagte die vom Bodensee stammende Fußballerin, „dass man die WM aufarbeitet und es nicht einfach so weiterläuft, wie es war“.
Einerseits weiß natürlich auch sie von zwischenmenschlichen Verstimmungen aus der mangelhaften Kommunikation gegenüber einem Großteil des Kaders, andererseits gebietet es der Respekt vor der fehlenden Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, dieses Problem jetzt öffentlich nicht zu vertiefen. „Martina ist krank, und das sollte man akzeptieren. Alles andere wird besprochen, wenn sie wieder da ist.“
Der Traum von Olympia
Das Fußballturnier bei den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris sieht Gwinn als lohnenswertes Ziel an, gemeinsam die Enttäuschung des Sommers abzuschütteln. „Alle sind gewillt, die neuen Aufgaben positiv anzugehen. Es ist als Sportlerin immer schön, wenn man nach einem Negativereignis relativ schnell die Chance hat, die Leute von etwas Besserem zu überzeugen.“
Die vorläufig in die Chefrolle aufgerückte Assistentin Britta Carlson sei sicherlich „nicht diejenige, die im Mittelpunkt stehen möchte, sondern einfach guten Input gibt, gerade was das Taktische angeht“. Erste Gespräche seien geführt: „Da sind wir eng zusammengerückt mit dem Team, aber auch mit dem Staff.“ Ob das wirklich stimmt?
Definitiv freut sich die bei der WM 2019 zur besten jungen Spielerin gewählte Gwinn nach ihrer langen Leidenszeit aufs Comeback bei den DFB-Frauen: „Ich bin super stolz, wieder mit dem Adler auf der Brust aufzulaufen.“ Carlson sehnt gleichermaßen die Rückkehr „einer wichtigen Persönlichkeit und Spielerin“ herbei, die wohl schon bald „wieder die Alte“ sei und in Down Under schmerzlich vermisst wurde.
Zurück in der Startelf
Stürmerin Svenja Huth dort wieder zur Verteidigerin umzufunktionieren, war rückblickend keine gute Idee. Gwinn soll nicht über volle 90 Minuten auflaufen, aber sie dürfte in der Startelf stehen, um die dänische Weltklassestürmerin Pernille Harder zu stoppen, mit der sie in München neuerdings zusammenspielt: „Dass sie eine herausragende Spielerin ist, sehe ich tagtäglich im Training. Es wird wichtig sein, unsere Tugenden auf den Platz zu bringen. Wir müssen wieder ein Selbstverständnis entwickeln.“
Helfen könnte die Erinnerung an den Auftaktsieg bei der EM vor einem Jahr, als der Vize-Europameister die Däninnen mit 4:0 dominierte. Damals spielte insbesondere Gwinn ein bärenstarkes Turnier: In Topform gibt es nicht viele Außenverteidigerinnen, die so viel Klasse vereinen.
„Aus der ersten Verletzung bin ich gestärkt zurückgekommen, das gibt mir ein gutes Gefühl und Sicherheit, dass ich es auch beim zweiten Mal schaffen kann“, sagt die 33-fache Nationalspielerin. „Ich habe volles Vertrauen in meinen Körper, und das ist die wichtigste Basis.“ Deshalb sei ihr diesmal auch die Reha ein bisschen leichter gefallen, weil sie die Abläufe schon kannte – trotzdem braucht sie solch einen Rückschlag nicht noch einmal.
Es sei halt doch „extrem auffällig, wie viele Kreuzbandverletzungen seit der EM 2022 passiert sind. Wir haben immer mehr Spiele“, sagte sie in einem Interview mit dem Sportinformationsdienst und forderte: „Die Spielerinnen müssen geschützt werden, die Vereine müssen gut aufgestellt sein, auch beim zyklusbasierten Training.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!