Podcast-Host über Wissenschaftskommunikation: „Wissen, das Spaß macht“

Am Freitag findet das erste Festival für Wissenschaftspodcasts statt. Podcast-Host Lukas Klaschinski über den Erfolg des Formats, Hörspaß und Kröten.

Porträt von Podcaster Lukas Klaschinski

Fachsprache verständlich ausdrücken, das versucht Lukas Klaschinski Foto: Katharina Pasemann

taz: Am Freitag findet das Festival für Wissenschaftspodcasts im Naturkundemuseum Berlin statt. Das Genre ist allgemein sehr beliebt: Laut einer Umfrage von Bitkom hört fast je­de*r dritte Pod­cast­hö­re­r*in Wissenschaftspodcasts. Woran liegt das?

studierter Psychologe, produziert und hostet den Podcast Beats & Bones vom Museum für Naturkunde Berlin. In den aktuell 62 Episoden erzählen Ex­per­t*in­nen aus dem Museum von ihrer Arbeit

Lukas Klaschinski: Menschen möchten Dinge neu erfahren. Das gehört zu unseren psychischen Grundbedürfnissen. Die Wissenschaft ist der perfekte Ort dafür, neue Felder zu begehen und sich in der Welt zurechtzufinden. Und Podcasts schaffen es, Wissen so aufzubereiten, dass es Spaß macht. Wir können mit unseren Ohren doppelt so viele Informationen aufnehmen wie mit unseren Augen. Und wir reisen ja auch immer mit in so einem Podcast. Wenn uns dort erzählt wird, dass eine Forschende im Dschungel war und dort Insekten gefangen hat, sind wir ja sofort mit auf der Expedition. Das macht es so spannend.

Trotzdem arbeitet Ihr Podcast in großen Teilen mit dem klassischen Modell: Moderator befragt Ex­per­t*in aus dem Museum. Wieso?

Wir machen ein Fusionsmodell aus Expertengespräch und Erzählung. Auf der Erzählebene hat das Vorstellungsvermögen ordentlich was zu tun und auf der Interviewebene können wir die Wissenschaftlerinnen nach vorne bringen, wo sie sonst seltener sind. Ich höre Leuten gerne von der Passion sprechen, der sie ihr Leben widmen. Wenn sie erzählen, was sie an Kröten oder Unterwasserlärm fasziniert, steckt das an. Begeisterung – so sind wir Menschen gestrickt – springt über wie ein Funken, und der kann Feuer auslösen.

Stehen die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen Schlange, um in Ihren Podcast zu kommen und ihr Wissen zu teilen?

Am Anfang musste die Kommunikationsabteilung Pionierarbeit leisten und viele Gespräche führen. Aber mittlerweile haben die Leute Lust mitzumachen und über ihre Arbeit zu sprechen. Auch wenn manche vielleicht mal ein bisschen schüchterner sind. Immerhin wird der Podcast jeden Monat 20.000 Mal angehört.

Die Episoden dauern oft etwa 50 Minuten, die Forschung zum Thema Jahre. Fachbegriffe müssen im Podcast einfach erklärt werden. Wie zufrieden sind die Wis­sen­schaft­le­r*in­nen mit der Darstellung?

Am Ende sind die meisten happy. Aber Wissenschaftskommunikation ist ein Spagat. Klar, wir könnten in Fachvokabular rumdümpeln und dabei Leute auf der Strecke lassen. Oder wir machen es so, dass am Ende alle etwas davon haben.

Haben Sie eine Standardformel für die Vereinfachung?

Analogien aus dem täglichen Leben. Wenn ich sage, dass Menschen schon seit Hunderttausenden Jahren auf der Welt sind, ist das für die meisten nicht greifbar. Aber wenn ich sage „Stell dir vor, die Entstehung der Welt war vor 24 Stunden, dann ist die Menschheit gerade mal zwei Minuten auf dieser Welt“, dann wird es verständlich.

Ihr Podcast buhlt auch mit der Themensetzung um Aufmerksamkeit. Immer wieder zielen die Episodentitel etwa auf Sex, Dating, Tod.

Wenn wir eine Folge über Bäume machen, warum sollte man sich die anhören? Was ist das Besondere daran? Wenn wir einen lebensnahen Titel kreieren, merken die Menschen, warum diese Folge wichtig für sie sein könnte. Sie hören sie an und bewegen sich danach anders in der Umwelt. Menschen nehmen nur zwei Prozent der Realität wirklich war und wir können mit diesem Podcast sagen: Schaut mal, da sind neue Aspekte für eure zwei Prozent. Wir wollen begeistern.

Das Museum hat schon mit Akteuren der Klimabewegung zusammengearbeitet, der Pod­cast erwähnt immer wieder die Klimakrise. Aber eine Betrachtung der politischen Landschaft fehlt, auch weil es kein journalistischer Podcast ist. Hadern Sie mit der fehlenden Systemkritik?

Die Informationen der Forschenden, ihre Daten, sollten uns wachsam machen. Museum und Podcast stellen sie bereit. Ich bin mir sicher, dass die Menschen, die diesen Podcast hören, das Richtige aus den Informationen machen können. Das Museum ist ein Ort der Information, Reflexion und des Dialogs mit der Gesellschaft. Es sagt nicht: Ihr seid die Schlechten, ihr seid die Guten. Ich hadere also nicht mit einer fehlenden politischen Kritik. Du kannst eine Straße blockieren oder du kannst ein Feld für Bestäuber direkt vor dem Museum anlegen, Menschen davon erzählen und sie dadurch dazu bringen, dass sie die Natur schützen wollen. Beides ist wertvoll.

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