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Audioguide auf deutsch-polnischen SpurenGibt's nicht bei Wikipedia

Ein Spaziergang quer durch die letzten 200 Jahre deutsch-polnischen Lebens? Die In­itia­to­r*in­nen der Berlinski-Tour machen genau das möglich.

Einer von vielen Stopps während eines Audiowalks von Berlinski-Tour Foto: dpa/Paul Zinken

Berlin taz | Als sich der Schuss löst, der kurze Zeit später zu einem ersten vereinigten Deutschlands führen soll, ist Henryk Szuman gerade mit seinem Mittagessen fertig. Es ist der 18. März 1848, ein ungewöhnlich warmer Samstagmittag, und von einem Restaurant nahe dem Brandenburger Tor aus beobachtet der Student Szuman die Gemetzel zwischen Aufständischen und preußischen Soldaten. Die Soldaten, schreibt Szuman später, seien, wie er selbst, größtenteils Polen gewesen.

175 Jahre später und knapp Kilometer nordöstlich: In Pankow stellt die Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin einen neuen Audioguide vor. Neun Monate haben Dorota Danielewicz, Ewa Wanat und ihre ehrenamtlichen Mit­in­itiao­r*in­nen für die Entwicklung der Berlinski-Touren gebraucht. Es sind Spazierstrecken durch die Berliner Innenstadt, die an ausgewählten Orten mittels kurzer Audiobeiträge zu einem Ausflug in polnisch-deutsches Zusammenleben einladen. Auf der Website berlinski-tour.de lässt sich zwischen drei verschiedenen Strecken wählen.

Eine davon führt zu Bolesław Prus. Wir schreiben das Jahr 1895. Prus ist einer der bekanntesten polnischen Schriftsteller und gerade zu Besuch in Berlin. Mit Begeisterung beschreibt er den einst hochmodernen Bahnhof Friedrichstraße: „Plötzlich – mein Gott – wir fahren über eine seltsame Brücke unter der –… Menschen gehen und Kutschen fahren!“

Ein weiterer Sprung durch die Jahre, diesmal in das Berlin unter Adolf Hitler. Henryk Adamczewski und Ludomiła Szuwalska sind zwei der vielen Millionen meist polnischen und sowjetischen Zwangs­ar­bei­te­r*in­nen in Deutschland. Ungezügelter Hass schlägt den Po­l*in­nen entgegen, die bald darauf ersten Widerstand gegen ihre Peiniger leisten. So bringt ein Mitgefangener Adamczewski bei, wie er die Gewinde deutscher Sprengbomben anschneiden kann, um sie unbrauchbar zu machen.

Es sind Tagebucheinträge, Zeitungsartikel oder Reiseberichte, die einen tiefen Einblick in das Leben von Po­l*in­nen in Berlin gewähren. Es geht um Reisen, Kriege und ganz normalen Alltag, erlebt von Studenten, Zwangsarbeiterinnen, Spionen und Nobelpreisträgerinnen aus zweihundert Jahren. Eine Vielzahl an Geschichten über die deutsch-polnische Geschichte, die sich nicht nur in den Restaurants am Brandenburger Tor, am Bahnhof Friedrichstraße und an den Gedenkstätten der Nazi-Verbrechen verstecken. Dorota Danielewicz beschreibt es so: „Es geht um das, was wir auf Wikipedia nicht finden.“

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