Musik-Doku auf Arte: Die Country-Versicherung

Eine neunteilige Arte-Country-Doku unterhält, klärt auf und wiegt einen in den Schlaf. Business und Kreativität gehen im Genre Hand in Hand.

Dolly Parton, eine Frau mit langen blonden Haaren und pinken Fingernägeln, mit Gitarre

Weder dumm noch blond: Dolly Parton Foto: Jack Plunkett/dpa

Diese tatsächlich 9-teilige Serie über Country hat mehrere Vorteile: Wenn Sie bislang noch nichts über die unter diesem Sammelbegriff zusammengefasste Richtung der Weltmusikgeschichte wissen, dann wissen Sie danach eine ganze Menge, wenn nicht alles.

Wenn Sie wie ich einer sind, für den Musik ein Hobby und streberhaftes Bescheidwissertum eher ein Gräuel ist, dann lernen Sie beträchtlich viel.

Und wenn Sie ein totaler Aficionado sind, dem nichts mehr beizubringen ist oder wenn Sie beim besten Willen null Verbindung zu Country finden, dann wird Sie die ausgeruhte Machart der Doku mit der rauchigen Marihuana-Stimme von Erzähler Peter Coyote sanft in den Schlaf wiegen, wo ihre Träume dann von solchen Zeilen geprägt sein werden: „Hear the lonesome whipperwill / He sounds too blue to fly / The midnight train is whining low / I’m so lonesome I could cry (Hör die einsame Nachtschwalbe / Sie hört sich an, als sei sie zu traurig zum Fliegen / Der Mitternachtszug jammert leise in der Ferne / Ich bin so einsam, ich könnte heulen – poetischere Übersetzungen welcome!).

Natürlich gibt es Zwischenstufen. Mich hat diese Doku vor allem über mein Unwissen belehrt, viele Songs haben eine wilde, ziellose Sehnsucht in mir geweckt, von der ich gar nicht wusste, dass ich sie noch hatte, und ein paar Mal bin ich tatsächlich sehr sanft eingeschlafen.

Vertreter unterwegs

„Country Music“, in der Arte-Mediathek.

Um nur ein Beispiel für meine Ignoranz zu geben: Ich wusste nicht, dass die mir durchaus bekannte Zentrale der Country­music, die Samstagabendshow Gran Ole Opry, gesendet aus Nashville, Tennessee, eine Werbeveranstaltung des den ausstrahlenden Sender besitzenden Versicherungsunternehmens war.

Samstagabends, wird in der Doku erzählt, gingen die Versicherungsvertreter durch die Straßen und notierten sich die Adressen der Häuser, aus denen die Radioübertragung schallte. Am Montag kamen sie dann vorbei mit dem Spruch: „Hallo, Miss Jones, ich bin von der Gran Ole Opry – darf ich einen Moment reinkommen und mit Ihnen über Verunsicherungen sprechen?“

In den Worten der Firmenerbin: „Es ging nur darum, Versicherungen zu verkaufen.“ Aber was herauskam, waren Dolly Parton, Hank Williams, Johnny Cash.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.