US-Countrymusiker Oliver Anthony: Kein Freund der Republikaner
Sein Hit „Rich Men North of Richmond“ wurde bei der TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftsbewerber gespielt. Anthony reagiert darauf nun angepisst.
NEW YORK afp/taz | Der US-Musiker Oliver Anthony, dessen Country-Song „Rich Men North of Richmond“ in der vergangenen Woche überraschend die US-Charts gestürmt hatte, hat sich gegen die Vereinnahmung durch republikanische Politiker gewehrt. Es sei „ärgerlich“ zu sehen, wenn Menschen bei Auftritten „in konservativen Nachrichtensendern“ versuchten, sich mit ihm zu identifizieren, „als wäre ich einer von ihnen“, sagte Anthony in einem am Freitag auf der Onlineplattform Youtube veröffentlichten Video unter anderem mit Blick auf die erste TV-Debatte republikanischer Präsidentschaftsbewerber.
„Es ist ärgerlich, wenn bestimmte Musiker und Politiker so tun, als wären wir Kumpel und als würden wir denselben Kampf führen, als würden wir versuchen, dieselbe Botschaft zu vermitteln“, sagte der Musiker in dem mehr als zehnminütigen Video.
Der Sänger machte sich darüber lustig, dass sein Lied zu Beginn der ersten Fernsehdebatte der republikanischen US-Präsidentschaftsbewerber in dieser Woche gespielt wurde. „Ich habe den Song über diese Leute geschrieben. Dass (die republikanischen Kandidaten) da sitzen und sich das anhören müssen, macht mich wahnsinnig“, sagt er.
Das Einzige, was ihn bei dem überraschenden Senkrechtstart seines Stücks gestört habe, sei gewesen, wie es mit Politik vermischt worden sei.
Laut dem Branchendienst Billboard wurde Anthonys Song in weniger als einer Woche 17,5 Millionen Mal gestreamt und 147.000 Mal heruntergeladen. Der bis dahin eher unbekannte Sänger überholte damit die Megastars Taylor Swift, Morgan Wallen und Olivia Rodrigo im Ranking der Billboard Hot 100 Single-Charts. Ein solcher Einstieg sei bisher noch niemandem gelungen, erklärte Billboard.
Das Stück thematisiert den Klassenkampf in den USA. Der Musiker prangert darin harte Arbeit, niedrige Löhne und hohe Steuern an und singt von einem Arbeiter, der „seine Seele verkauft“.
Anthony scheint mit seinem Stück einen Nerv zu treffen: Das am 11. August erstmals auf Youtube veröffentlichte „Rich Men North of Richmond“ wurde in Onlinediensten millionenfach aufgerufen und kletterte im Nu an die Spitze der Apple Country-Charts.
Richmond ist die Hauptstadt des US-Bundesstaates Virginia und liegt einige Autostunden südlich von Washington. Der Titel des Songs spielt darauf an, dass sich Menschen im Süden und in ländlichen Regionen häufig von der politischen Elite abgehängt fühlen.
Dass Anthonys Song aber durchaus anschlussfähig sei an rechte Diskurse, argumentierte erst kürzlich der englische Singer und Songwriter Billy Bragg in der britischen Tageszeitung The Guardian. Er verwies auf die Liedzeile “… and the obese milkin’ welfare“ („… und die Übergewichtigen melken die Sozialhilfe“) in „Rich Men North of Richmond“ und auf Anthonys generelle Kritik gegen die Besteuerung von Löhnen. Bragg stellte dem eine eigene abgewandelte Version des Liedes mit dem Titel „Rich Men earning North of a Million“ entgegen, in der er die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten propagiert.
Leser*innenkommentare
Klaus Waldhans
Die Republikaner haben einfach einen schlechten Geschmack: Trump und jetzt dieser Song von Anthony. Musikalisch und textlich dürftig; ich weiss nicht, wie so ein Lied die Charts stürmen kann....
P01135809 2024
"Kein Freund der Republikaner"
Ja, aber ein Freund der Demokraten ist er auch nicht.
Bleibt nur noch Trump. Wäre anhand seiner Liedtexte ja auch logisch das er den einzigsten "We the people" Kandidaten unterstützt.
Sollte Anthony wirklich Trumpfen sein und es öffentlich sagen hätten die Medien einen Meltdown wie seid November 2016 nicht mehr gesehen.
Gabriel Renoir
Oliver Anthony hat anscheinend spontan einen sehr prägnanten Text gemacht, mit Reimen, Wortspielen und Taboo- Themen wie 5 foot 3 und 300 pounds (160 cm und 140 kg Gewicht) und auf Wohlfahrt leben, oder miners (Bergarbeiter) und minors (Minderjährige (für Sex mit Politikern, wohl eine Anspielung auf das Verfahren Jeffrey Epstein)). Was das mit der afd zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.
Ignaz Wrobel
Der Liedtext würde, eingedeutscht, auf jeder AFD-Veranstaltung tosenden Applaus bekommen. Gegen die Eliten, gegen die Schmarotzer. Wir sind das Volk....
Dass der Songwriter das als unpolitisch bezeichnet haben möchte, passt auch dazu. Heino sieht sich ja auch nicht als Politikaktivist.
Konfusius
@Ignaz Wrobel Nein, das ist nicht der Fall. Insbesondere fehlt jegliche Hetze gegen Ausländer/innen bzw. Migrant/innen.
Haben Sie den Text überhaupt gelesen ?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es dafür auf einer AFD-Veranstaltung 'tosenden Applaus' gibt.
Hier der Text.
www.google.com/sea...suAtUQjukCegQIHhAC
Ajuga
@Konfusius Fehler:
"And not just miners on an island somewhere"
Muss "minors" heißen und ist ein freundliches Winken in Richtung Qanon.
Dann noch ein bisschen Lost Cause of the South - wie würde man das ins Deutsche übertragen? Vielleicht mit einer Zeile wie "unbesiegt und fremdbesetzt" oder so?
Ja, die AfD würde so etwas abfeiern. Bzw nicht "die" AfD, sondern eine bestimmte Strömung darin.
So wie Anthony sich ja auch nicht der GOP anbiedern will, aber durchaus die Klaviatur der Verschwörungsmärchen einer bestimmten Rechtsaußen-Demographie der USA(-Südstaaten) rauf und runterfiedelt.
"North of Richmond" - was war Richmond 1861-1865 noch mal?
Man muss Rassismus nicht offen ausformulieren. Wenn man seinen Anhängern das Gefühl einer Gemeinschaft von Eingeweihten geben will, einen Schwur-der-Horatier-Mythos oder so etwas, dann formuliert man ihn besser indirekt. Um die "Wissenden" von den "Schlafschafen" zu trennen.
Wenn man Hofstadters "Paranoid Style" gelesen hat, dann kommt einem Anthonys Song vor wie ein guter alter Bekannter aus den hässlichen 1950ern, aus der Zeit von "Brown v. Board of Education".
Herma Huhn
@Konfusius Danke für den Text, aber ich muss Ignaz recht geben.
Der Text spielt Populisten in die Hände. Ich glaube dem Sänger, dass er gegen die Republikaner wettert, doch man kann es auch in deren Sinne lesen.
Ist ja nicht neu, dass Rechtspopulisten genau gegen die Richtung schreien, die sie selbst einschlagen wollen.