Sudans Hauptstadt weiter umkämpft: Niemand begräbt Khartums Tote

Das Gesundheitswesen in Sudans Hauptstadt ist zusammengebrochen. Die Leichenhallen können die vielen Toten des Krieges nicht mehr aufnehmen.

Menschen warten mit Eimern und Kanistern auf einer nächtlichen Straße auf Wasser

Dauerhaft schlechte Versorgungslage: Menschen warten auf Wasser im Mai 2023 Foto: Mohamed Nureldin Abdallah/reuters

KHARTUM taz | Berichte über verwesende Leichen auf den Straßen der sudanesischen Hauptstadt Khartum fügen dem seit fast vier Monaten tobenden Krieg eine makabre Dimension hinzu.

Die Leichenhäuser der Stadt sind am Anschlag, weil immer wieder der Strom ausfällt und weil der Platz nicht ausreicht, um die vielen Toten des Krieges zwischen Armee und RSF-Miliz (Rapid Support Forces) aufzunehmen. Seit Beginn der Kämpfe am 15. April leidet Khartum unter wiederholten Strom- und Kommunikationsausfällen. Die Straßenkämpfe haben in den vergangenen Wochen weiter zugenommen.

Bei längeren Stromausfällen verlieren die Leichenhäuser ihre Kühlkapazität. Dann verrotten die Leichen in der Hitze. Damit steigt das Risiko einer Ausbreitung von Seuchen. Die sudanesische Ärtzegewerkschaft weist überdies darauf hin, dass es kein medizinisches Personal in den Leichenhäusern mehr gibt. Tote würden offen und unbehandelt herumliegen.

Gesundheitseinrichtungen: besetzt oder nicht funktionsfähig

Von 89 Krankenhäusern in der Hauptstadt und dem Bundesstaat Khartum sind 71 nicht mehr funktionsfähig und der Rest nur noch teilweise. Viele Gesundheitseinrichtungen sind von Bewaffneten besetzt. Mindestens 53 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen seit April sind dokumentiert.

Die zunehmende Anzahl nicht beigesetzter Leichen, die zunehmende Wasserknappheit und der Zusammenbruch aller sanitären Dienste zusammen mit einem Mangel an Wasseraufbereitungsmöglichkeiten schüren Ängste vor einer verheerenden Cholera-Epidemie.

Khartum kennt typischerweise saisonale Cholera-Ausbrüche während der Regenzeit, die im Juni einsetzte, aber dieses Jahr sind die Umstände anders. Fehlende funktionierende Laborkapazitäten machen es schwer, die Lage einzuschätzen. „Das Gesundheitssystem hängt am seidenen Faden“, sagt Dr. Bashir Kamal Eldin Hamid, Gesundheitsdirektor beim Hilfswerk Save the Children. Kliniken würden reihenweise dichtmachen, sie hätten keine Medikamente oder Ärzte mehr und was verbliebe, würde geplündert.

„Eine Krise von Angst und Leid“

„Wir sehen eine Gesundheitskrise kommen, zusätzlich zur bestehenden Krise von Angst, Schmerz und Leid. Die Unmöglichkeit, die Toten würdig zu bestatten, vergrößert das Leid der Familien in Khartum.“

Der Krieg um Khartum hat sich in den vergangenen Tagen weiter verschärft. Berichten zufolge hat die Regierungsarmee diese Woche eine Offensive begonnen, um die Nilbrücken einzunehmen, die Khartum mit seiner westlichen Nachbarstadt Omdurman verbinden. In Omdurman toben schwere Kämpfe.

UN: Zahl der Vertriebenen steigt auf mehr als vier Millionen

Seit Beginn der Kämpfe im Sudan vor knapp vier Monaten sind mittlerweile mehr als vier Millionen Menschen vertrieben worden. Das teilte die UN-Nothilfe-Koordinatorin im Sudan, Clementine Nkweta-Salami, am Mittwoch mit und forderte die Konfliktparteien in dem nordostafrikanischen Land auf, die sichere Durchreise für Zivilisten zu gewährleisten. „Sie sind auf ihrem Weg in sicherere Gebiete Missbrauch, Diebstahl und Schikanen ausgesetzt“, sagte Nkweta-Salami. Der Sudan hat gut 48 Millionen Einwohner. (dpa)

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