piwik no script img

Pläne für Deutsch-Polnisches HausKein Kranzabwurfplatz

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Das geplante „Polen-Denkmal“ soll nicht nur Gedenkstätte, sondern auch Museum und Ort des Lernens sein. Probleme zeichnen sich allerdings bei der Umsetzung ab.

Skulpturen am ehemaligen Standort der Krolloper, hier soll das Deutsch-Polnische Haus entstehen Foto: Hannes P Albert/dpa

E s ist immer eine gute Idee, wenn die Politik Menschen mit der Ausgestaltung von Plänen beauftragt, die sich damit besser auskennen, als Allrounder. Im konkreten Fall hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas zusammen mit dem Deutschen Polen-Institut um eine Konkretisierung der Pläne für einen Erinnerungsort an die deutsche Besatzungszeit in Polen gebeten.

Das nun vorgelegte Konzept überzeugt. Vorgesehen ist eben nicht nur ein „Polen-Denkmal“, das leicht zum Kranzabwurfplatz verkommen könnte, sondern dazu ein Museum und ein Lernort zur deutsch-polnischen Geschichte, gewidmet den Opfern der NS-Besatzung, gedacht für die junge Generation. Bei der Entwicklung der Inhalte sollen polnische Historiker mit einbezogen werden. Das sollte eine Funktionalisierung der Geschichte für eigene, vermeintlich nationale Interessen ausschließen.

So eine Einrichtung ist dringend nötig, und zwar ganz unabhängig davon, wer gerade in Warschau und Berlin regiert. Das Wissen um die NS-Besatzung im Nachbarland ist hierzulande erschreckend gering, das Interesse an diesem Nachbarn hält sich generell in Grenzen, die Vorurteile blühen. Ein Museum und Lernort kann zwar keine Wunder bewirken, aber doch bessere Bedingungen für ein gegenseitiges Verständnis schaffen. Alles gut also? Nicht ganz.

Denn es ist immer auch eine gefährliche Idee, wenn die Politik Entscheidungsprozesse auslagert. Das kann auch bedeuten, dass Experten mit der Umsetzung von Projekten alleine gelassen werden, dass der politische Druck fehlt. Für das geplante Deutsch-Polnische Haus bedeutet das, dass Kulturstaatsministerin Claudia Roth dafür sorgen muss, dass die Experten das tun, was sie können, und nicht damit belastet werden, was sie überfordert.

Probleme der Immobilienübertragung gehören gewiss nicht zum Fachwissen von Historikern, ebenso wenig wie Budgetfragen. Das Projekt Deutsch-Polnisches Haus soll einzigartig werden, heißt es. Dann bedarf es auch einer einzigartig starken Unterstützung von ganz oben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Einzigartig starke Unterstützung von ganz oben? Göttliche Eingebung :-D

    Skulpturenparks sind auch was wert. Angepasste Architektur, die der Kunst ihren angestammten Platz lässt, wäre da eine irdische Empfehlung.

    Das Haus der Erinnerung an das besetzte Polen muss ein weites Themenfeld abdecken, etwa wie die PolInnEn mit der erneuten polnischen Teilung klar kamen, ob es ein "Blitzkriegstrauma" gab, was im deutsch besetzten Teil über den sowjetisch besetzten Teil kursierte und umgekehrt, ob die Besatzer Polen auch wirtschaftlich schwächen wollten, und ob am Ende der sowjetische Durchmarsch nach Deutschland als Befreiung wahrgenommen wurde etc.

    Also ganz andere Themen, in historische Relation gesetzt zu den üblichen Themen der Besatzungszeit wie Massaker, Holocaust und Co.. Angesichts der nationalistischen Empfindlichkeiten des heutigen Polens sind die deutsch-österreichischen Verantwortlichen für alle abnormen Gewaltexzesse, ob von SS, Wehrmacht, deutscher Polizei und Verwaltungshanseln organisiert und angestiftet und von deutscher Industrie ausgenutzt, zu nennen - da kommt bestimmt eine Verbrecherbande von 100.000 Schuldigen zusammen - dann und nur dann kann auch das Thema Kollaboration einen Platz finden. Die PiS-bedingten polnischen Befindlichkeiten sind nunmal historische Tatsache unserer Tage! Da muss das fassen an die eigene Nase an erster Stelle stehen, und der Tatsache ins Auge gesehen werden, dass vor der Besatzung bereits autoritäre nationalistische Regime Polens der Bevölkerung eine gewisse Anpassung abverlangten, Unterwerfungsbereitschaft also, die von den Besatzern dann "quasi abrufbar war". Bei der Nennung von Namen können dann nur die beweiskräftig verurteilten Kollaborateure genannt werden, vielleicht auch nur die schlimmsten davon. Ein Gedenken an die deutsche Besatzung muss vieles bedenken. Und ganz nebenbei ein diplomatisches Meisterstück sein, dass der historischen Wahrheit so tief es nur geht in die Augen sieht. Bzw. Rechnung trägt.