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Ben-Gvir auf Tempelberg

Zu jüdischem Trauertag besucht der rechte Minister das Jerusalemer Heiligtum – trotz Protesten

Israels rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hat erneut den Tempelberg in Jerusalem besucht. Israelischen Medienberichten zufolge kam er am Donnerstagmorgen anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tischa BeAv zu der heiligen Stätte in der Altstadt. An dem Tag betrauern religiöse Juden die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem.

Es ist bereits der dritte Besuch des Polizeiministers, seitdem er im Amt ist. Seine vorherigen Besuche hatten international heftige Kritik ausgelöst. Von palästinensischer Seite werden sie als gezielte Provokation gesehen.

Der Tempelberg, im Arabischen Al-Haram al-Scharif genannt, mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee, ist die drittheiligste Stätte des Islam. Auf demselben Fleck Erde standen früher die beiden großen jüdischen Tempel. Der zweite Tempel wurde im Jahr 70 nach Christus von der römischen Armee, die damals Jerusalem beherrschte, zerstört. Nur die Westmauer der Tempelanlage, Klagemauer genannt, steht noch – sie ist die heiligste Stätte des Judentums.

Der Tempelberg steht unter der Verwaltung einer muslimischen, von Jordanien betreuten Organisation, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit der Organisation dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es immer wieder Verstöße. Ben-Gvir hatte diese Vereinbarung wiederholt als „rassistisch“ und Diskriminierung gegen Juden kritisiert. Die Palästinenser befürchten, Israel wolle seine Kontrolle der heiligen Stätte ausweiten.

Ben-Gvir sagte laut Medienberichten am Donnerstag: „Dies ist der wichtigste Ort für das Volk Israel, an den wir zurückkehren müssen, um zu zeigen, dass wir regieren“.

Oberstes Gericht will sich Justizreform erst im Herbst annehmen

Am Mittwochnachmittag wurde derweil bekannt, dass das Oberste Gericht in Israel sich erst im Herbst mit dem jüngst verabschiedeten Gesetz zur Schwächung der Justiz befassen will. Eine Anhörung sei nach einer Gerichtspause im September angesetzt worden, berichteten mehrere israelische Medien. Demnach verzichtete das Gericht darauf, das Gesetz zur Aufhebung des sogenannten Angemessenheitsstandards direkt wieder einzufrieren. Eine Petition hatte dies zuvor gefordert.

Am Mittwochmorgen war das am Montag verabschiedete Gesetz in Kraft getreten. Es sieht vor, dass Richter Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister nicht mehr als „unangemessen“ einstufen können. Experten rechnen damit, dass so etwa die willkürliche Besetzung von wichtigen Posten gefördert wird. Die Proteste gegen die Reform halten – wie schon in den Monaten vor der Verabschiedung des Gesetzes – weiter an. (taz, dpa)

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