Weiter Unruhen in Frankreich: Nacht mit etwas weniger Festnahmen

Nach dem Tod eines 17-Jährigen kommt es in Frankreich die fünfte Nacht in Folge zu Krawallen. Der Innenminister spricht von „ruhigerer Nacht“ dank Polizei.

Polizisten patrouillieren vor dem Arc de Triomphe auf der Champs Elysees

In der Nacht zum Sonntag waren erneut 45.000 Polizisten im Einsatz Foto: Christophe Ena/ap/dpa

PARIS rtr/afp | In Frankreich hat es auch in der Nacht zu Sonntag Ausschreitungen gegeben, allerdings sind diese laut Regierung weniger massiv ausgefallen als in den Nächten zuvor. „Ruhigere Nacht dank des entschlossenen Vorgehens der Polizei“, schrieb Innenminister Gérald Darmanin am Sonntagmorgen auf Twitter.

Vor allem in der Region Paris und in Marseille kam es die fünfte Nacht in Folge zu Krawallen. 719 Menschen seien festgenommen worden, 45 Polizisten und Gendarmen seien verletzt worden, teilte das französische Innenministerium in einer vorläufigen Bilanz mit. 577 Fahrzeuge und 74 Gebäude seien in Brand gesetzt worden. 871 Feuer auf Straßen wurden den Angaben zufolge gezählt.

Am Tag zuvor waren es im ganzen Land mehr als 1300 Festnahmen gewesen. Ausgelöst wurden die Krawalle durch den Tod eines 17-Jährigen nordafrikanischer Abstammung, der am Dienstag von einem Polizisten bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden war. Nahel M. wurde am Samstag in Nanterre, einem Vorort von Paris, beigesetzt. Hunderte Menschen nahmen am Gottesdienst in der Moschee von Nanterre teil.

Laut Innenministerium waren in der Nacht zu Sonntag erneut rund 45.000 Gendarmen und Polizisten im Einsatz. In Marseille, Lyon und Grenoble wurden die Sicherheitskräfte verstärkt. Örtliche Behörden im gesamten Land hatten Demonstrationen verboten und angeordnet, dass die öffentlichen Verkehrsmittel am Abend nicht mehr fahren dürfen. Wegen der Ausschreitungen hatte Präsident Emmanuel Macron am Samstag kurzfristig seinen Deutschland-Besuch abgesagt, der an diesem Sonntag beginnen sollte.

In Paris hatten sich am Samstagabend in der Nähe der Prachtstraße Champs-Elysées zahlreiche überwiegend junge Menschen versammelt. Ihnen stand ein Großaufgebot der Polizei gegenüber. Im Außenbezirk von Paris wurde in der Stadt L’Haÿ-les-Roses das Haus des Bürgermeisters, Vincent Jeanbrun, angegriffen. Aus seinem Umfeld hieß es, gegen ein Uhr in der Nacht seien mehrere Personen mit einem Fahrzeug gewaltsam durch das Tor des Hauses eingedrungen. Sie hätten dieses Auto und das des Bürgermeisters sowie Mülleimer in Brand gesteckt.

Hunderte zerstörte Läden und Restaurants

Es gelang den Eindringlingen demnach nicht, das Haus zu betreten, aber sie seien der Frau und den beiden etwa zehnjährigen Kindern des Bürgermeisters in ihren Garten hinter dem Haus gefolgt. Die Familie habe sich in das Nachbargrundstück retten können, die Frau habe sich verletzt. Jeanbrun selbst habe sich zu dem Zeitpunkt im Rathaus aufgehalten. In der im Département Val-de-Marne gelegenen Stadt war es auch in den vergangenen Nächten zu Krawallen gekommen.

In der Innenstadt von Marseille kam es in der Nacht zu Zusammenstößen zwischen Protestierenden und der Polizei, die Tränengas einsetzte. Etliche Menschen versuchten, Geschäfte zu plündern. In Frankreichs zweitgrößter Stadt leben zahlreiche Menschen nordafrikanischer Herkunft. Nahel M. hat marokkanische und algerische Wurzeln. Auch in Nizza sowie in Straßburg kam es vereinzelt zu Zusammenstößen.

Viele Menschen aus armen Stadtvierteln, in denen Bevölkerungsgruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft leben, fühlen sich benachteiligt und von der Regierung vernachlässigt. Seit langem häufen sich zudem Beschwerden über Polizeigewalt und Rassismus.

Bei den seit Tagen andauernden Krawallen ist erheblicher Sachschaden entstanden. Finanzminister Bruno Le Maire gab am Samstag bekannt, seit Dienstag seien mehr als 700 Läden, Supermärkte, Restaurants und Bankfilialen geplündert oder sogar zerstört worden.

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