Reaktion auf tödlichen Polizeischuss: Gewaltsame Proteste in Frankreich

Nach dem Tod eines 17-Jährigen in Nanterre ruft seine Mutter zum Trauermarsch auf. Proteste gegen Polizeigewalt weiten sich von Paris auf andere Städte aus.

Polizisten zwischen explodierenden Feuerwerkskörpern und Barrikadenteilen in der Nacht zu Donnerstag in Nanterre bei Paris

Gewalt und Gegengewalt in Nanterre bei Paris in der Nacht zu Donnerstag Foto: Christophe Ena/ap/dpa

NANTERRE afp | Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle ist es in Frankreich die zweite Nacht in Folge zu gewaltsamen Protesten gekommen. In Paris und drei angrenzenden Départements wurden nach Angaben der Polizeipräfektur 35 Menschen festgenommen. In Nanterre bei Paris sollte am Donnerstagnachmittag ein Trauermarsch für den Jugendlichen Nahel M. stattfinden, zu dem seine Mutter aufgerufen hat.

Nach anfänglicher Ruhe heizte sich die Lage in Nanterre am späten Mittwochabend auf. Mehr als zehn Autos sowie zahlreiche Mülleimer wurden angezündet, zudem wurden Straßenbarrieren errichtet, berichteten Journalisten der Nachrichtenagentur AFP.

Dichte Rauchwolken hingen über dem Gebiet. Auf Häuserfassaden stand geschrieben „Gerechtigkeit für Nahel“ und „Polizei tötet“. In einer Siedlung im Osten der Stadt hielten die Proteste bis spät in die Nacht an. Als Randalierer Pflastersteine warfen, setzte die Polzei Tränengas ein.

In Essonne südlich von Paris zündete eine Gruppe einen leeren Bus an, wie aus Polizeikreisen verlautete. In Clamart, wie Nanterre im Département Hauts-de-Seine, wurde eine Straßenbahn angezündet.

Autos und Geschäfte in Brand gesetzt

Im Département Seine-Saint-Denis nordöstlich von Paris wurden laut Polizei zahlreiche Autos sowie Geschäfte und eine Bücherei in Brand gesetzt, Läden geplündert, Polizeiwachen attackiert und Rathäuser beschädigt.

Zu Zusammenstößen kam es auch in der südwestfranzösischen Stadt Toulouse, wo mehrere Autos angezündet wurden und Polizisten und Feuerwehrleute mit Gegenständen beworfen wurden, wie aus Polizeikreisen verlautete. Ähnliche Szenen meldeten die Behörden auch aus Lyon und Dijon.

Vor dem zweitgrößten französischen Gefängnis, Fresnes, attackierten Demonstrierende Sicherheitskräfte vor dem Eingang mit Feuerwerk, wie AFP aus Polizeikreisen erfuhr.

Der 17-jährige Nahel M. war am Dienstag auf dem Fahrersitz eines Autos bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre erschossen worden. In einem Video war zu sehen, wie zwei Polizisten das Fahrzeug für eine Kontrolle stoppten. Ein Polizist zielte dabei mit seiner Waffe auf den Fahrer und schoss aus nächster Nähe, als das Auto plötzlich beschleunigte.

Nach wenigen Metern krachte der Wagen dann in einen Pfosten. Nahel M. starb kurze Zeit später trotz Wiederbelebungsversuchen der Rettungskräfte durch eine Schusswunde in der Brust. Im Video war bei der Kontrolle zuvor der Satz zu hören: „Du kriegst eine Kugel in den Kopf.“

Weiterer Fall tödlicher Polizeigewalt im Südwesten

Die Behörden hatten nach den nächtlichen Ausschreitungen in der Vornacht für Mittwochabend 2.000 Polizisten für Paris und seine Vororte mobilisiert.

Unterdessen wurde im Südwesten Frankreichs ein Polizist des Totschlags beschuldigt. Er soll bei einer Verkehrskontrolle am 14. Juni einen tödlichen Schuss auf einen 19-Jährigen aus Guinea abgegeben haben, wie die Staatsanwaltschaft von Angoulême am Mittwochabend mitteilte. Der 52-jährige Polizist sei am Mittwochmorgen in Gewahrsam genommen worden.

Der 19-Jährige wollte sich bei der Kontrolle einer Festnahme entziehen. Ersten Ermittlungsergebnissen zufolge traf er einen Polizisten am Bein, als er den Rückwärtsgang einlegte. Dieser gab daraufhin einen Schuss ab.

In Frankreich wird immer wieder übermäßige Polizeigewalt angeprangert. Nach Verkehrskontrollen starben im vergangenen Jahr 13 Menschen, so viele wie noch nie.

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