piwik no script img

Radwege auf der Schönhauser AlleeBetonpoller können kommen

Als erstes Radinfrastruktur-Projekt hat der Radweg auf der Schönhauser Allee die Prüfpause von Senatorin Manja Schreiner (CDU) überstanden – in Gänze.

Voll, schnell und gefährlich: der heutige Radweg auf der Schönhauser Foto: IMAGO / Seeliger

Berlin taz | Die Vorwürfe der Berliner Fahrrad-Szene sowie der Opposition, sie verschiebe den Bau dringend benötigter Radinfrastruktur auf den St.-Nimmerleins-Tag, wollte Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Am Freitag verkündete sie zusammen mit der Pankower Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (auch CDU): Im August beginnen die Bauarbeiten für die dringend benötigten Radstreifen auf der Schönhauser Allee – und zwar gemäß der vorliegenden Planung.

Letzteres war aus der Mitteilung der beiden Politikerinnen nur bedingt herauszulesen: „Die Maßnahme wird auf Grundlage des fortgeschrittenen Planungsstands, der bereits erfolgten Beauftragung externer Firmen und zur Steigerung der Verkehrssicherheit als temporäre Lösung umgesetzt“, heißt es dort. Wie die Senatsverwaltung auf Nachfrage bestätigte, heißt „temporär“ allerdings nicht, dass Abstriche gemacht werden. Unter anderem wird die rechte der je drei Fahrbahnen, die künftig als Radstreifen dient, mit Betonelementen vor dem Befahren durch Autos geschützt.

Diese rechte Fahrbahn wird heute noch zum Parken genutzt, künftig fallen diese Parkplätze weg. Allerdings werden auf der rechten der beiden dem Autoverkehr verbleibenden Spuren insgesamt elf Lieferzonen angelegt. Sie sollen nur zu bestimmten Zeiten nutzbar sein, voraussichtlich vor allem in den Morgenstunden. Der Fahrgastverband IGEB hatte das kritisiert: Er befürchtet, dass das die Straßenbahn, deren Schienen zusätzlich auf der linken Fahrbahn verlaufen, durch noch häufigere Staus ausbremsen wird.

„Temporär“ heißt für die Senatorin vielmehr, dass auf den Umbau in diesem Sommer eine „Gesamtbetrachtung der Straße über ihre ganze Länge“ folge. Tatsächlich ist der Abschnitt, auf dem die geschützten Wege nun angelegt werden, nur ein kleiner Teil der von RadlerInnen stark genutzten Magistrale und ihrer Fortsetzung nach Pankow (Alt). „Wir werden den Verkehrsraum entlang der Schönhauser Allee und Berliner Straße großräumig betrachten, um künftig bei Bedarf im Sinne einer weiteren Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer Anpassungen vornehmen zu können“, so Schreiner.

Vor 2030 keine Dauerlösung

Das stand natürlich ohnehin auf der To-do-Liste der Verkehrsverwaltung – wobei mit dem Neubau der Brücke über den S- und Fernbahn-Graben in den kommenden Jahren noch weitere massive Baumaßnahmen hinzukommen. Vor dem Jahr 2030 ist in keinem Fall mit einer durchgehenden dauerhaften Lösung für den Radverkehr vom S-Bahnhof Pankow bis zu Torstraße zu rechnen.

Der Mobilitätsverein Changing Cities schreibt sich die Neuigkeiten vom Freitag auch dem eigenen Konto gut: „Der laute Protest, den wir seit Wochen organisieren, zeigt Wirkung“, so Sprecherin Ragnhild Sørensen. Auch wenn „über alle anderen Radprojekte in der Hauptstadt weiterhin Unklarheit“ herrsche, freue man sich, denn es habe sich gezeigt: „Politik über die Köpfe der Zivilgesellschaft hinweg funktioniert nicht.“

Mit der „weiteren Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer“, die zu prüfen sei, meine die Senatorin allerdings vor allem den Autoverkehr, mutmaßt Sørensen. Bei Changing Cities vermutet man darüber hinaus, die Freigabe des Radwegs könnte nur deshalb erfolgt sein, weil es schon einen Auftrag an eine Baufirma gibt „und ein Baustopp Regresszahlungen bedeutet hätte“.

Für die AktivistInnen ist mit der Entscheidung zur Schönhauser Allee jedenfalls noch lange nichts gut. Am vergangenen Montag hatten sie in Prenzlauer Berg protestiert, am kommenden Montag geht es nun in Neukölln weiter: Zusammen mit lokalen Gruppen wie „Hermannstraße für alle“ und Kiezblock-Initiativen wird ab 8.15 Uhr die Hermannstraße mehrmals abgeradelt. Ein besonderer Kritikpunkt hier: Da ein Teilstück des geschützten Fahrradwegs schon fertig ist, drohe auf Dauer Flickwerk. Das mehrfache Ein- und Ausfädeln in den Kfz-Verkehr sei aber besonders gefährlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare