Kulturgeschichte brennender Schiffe: Meer in Flammen
Auf dem Frachter „Fremantle Highway“ geriet wohl die Batterie eines der 500 Elektroautos an Bord in Brand. Die Kulturgeschichte brennender Schiffe ist älter.
Ein Wind und Wetter trotzender Koloss steht in Flammen, gelbe Feuerzungen fressen sich den Schiffskörper entlang, rund herum nichts als Wasser, das den Brand nicht aufhalten kann. „Das brennende Schiff“, wie es Alfred Bierstadt 1869 auf Leinwand festhielt, ist ein optisch schwer mitanzusehendes Phänomen.
Man kann sich das Entsetzen daher vorstellen, das einen auf See befallen haben musste, tauchte plötzlich ein brennendes, noch manövrierfähiges Schiff in Gestalt eines infernalischen Feuerballs auf. Brandschiffe waren vor allem im Spätmittelalter und in der Neuzeit eine gefürchtete Kriegswaffe. Der Höllenbrander etwa, eine von den Niederländern entwickelte Spielart des Zerstörers, brachte einmal im Kampf gegen Spanien 1.000 Menschen ums Leben.
Zuletzt brannte es vor der niederländischen Küste aus ganz anderen Gründen. Auf der „Fremantle Highway“ geriet vermutlich die Batterie eines Elektroautos in Brand, von denen der Frachter rund 500 geladen hat. Tagelang war die Sorge ob der giftigen, schwer zu löschenden Fracht groß. Mittlerweile scheint das Feuer unter Kontrolle. Die Weltschifffahrtsorganisation will den Transport von E-Autos nun allerdings strenger regulieren.
Die Anzahl der Schiffe auf dem Weltmeer steigt
Eigentlich ist der Warentransport zu Wasser klimabilanzmäßig noch vertretbar. Etwa 90 Prozent des Welthandels werden auf dem Seeweg abgewickelt. Damit ist der Schiffsverkehr für 2,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, was bei der ausufernden Konsumkultur wenig erscheint. Die Anzahl der Schiffe auf dem Weltmeer steigt dabei jedoch stetig, das Risiko von Schiffskatastrophen ebenfalls.
Abgewendet wird dieser Tage eine anders geartete, drohende Schiffskatastrophe vor der Küste Jemens. Dort verrottet seit Jahren der Tanker „FSO Safer“, der als Endlager für Öl fungierte. Expert:innen warnten schon lange, dass das Schiff drohe zu zerbrechen (!) und etwa viermal so viel Öl entlaufen könnte wie bei der größten Ölpest der Geschichte 1989. Ein von der UN gekauftes Schiff pumpt das Öl seit einigen Tagen nun vom „FSO Safer“ ab.
Geraten große Schiffe in Schwierigkeiten, ist das öffentliche Interesse groß. Als die „Ever Given“ 2021 sechs Tage lang im Suezkanal feststeckte, schien die Masse an Nachrichten eher von sechs Monaten zu künden. Dabei befinden sich die wirklich großen Probleme in der Tiefe. Auf dem Meeresgrund liegen ca. 8.000 Schiffswracks. Über 6.000 davon sind Kriegsschiffe aus dem Zweiten Weltkrieg, immer noch mit Öl befüllt. Seit 80 Jahren rosten die Wracks quasi unsichtbar vor sich hin. Lange, da sind sich Expert:innen einig, werden sie nicht mehr dichthalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen