: Wintersportler mitneuen Aussichten
Bei den European Games in Polen wetteifern die Skispringer erstmals um Medaillen.Die zweite Garde des deutschen Teams erzielt dabei überraschend gute Ergebnisse
Die Gelassenheit bei der Premiere hat vielleicht geholfen. Der deutsche Skisprung-Bundestrainer Stefan Horngacher hatte vor den European Games erklärt: „Das ist eine ganz interessante Idee für eine Wintersportart, auch im Sommer präsent zu sein.“ Den Topspringern wie Karl Geiger, Andreas Wellinger oder Markus Eisenbichler ersparte er allerdings die Reise ins polnische Zakopane. Sie sollen sich auf die Wettbewerbe im Winter vorbereiten. „Unsere Strategie ist, dass wir jüngere Athleten dahin schicken, auch im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele. Dass sie ein bisschen Olympia-Luft schnappen können“, erklärte Horngacher.
Die Ergebnisse beim Springen von der Normalschanze konnten sich dennoch sehen lassen. Philipp Raimund, der vergangenen Winter bereits bei der Vierschanzentournee positiv überraschte, verpasste am Donnerstagvormittag mit Rang vier das Podest nur knapp. Mit Constantin Schmid (7.) und Felix Hoffmann (13.) konnten zwei Weitere aus dem deutschen Team gute Platzierungen vorweisen. Gold und Silber sicherten sich die Österreicher Daniel Tschofenig und Jan Hoerl. Bronze bekam der Schweizer Gregor Deschwanden umgehängt.
Im Einzel springen die Frauen dann am Freitagnachmittag von der Großschanze, die Männer am Samstagnachmittag.
Von den neuen Sportarten bei den European Games sind die Skispringer zu dieser Jahreszeit sicherlich die größten Exoten. Zwar gibt es seit Jahrzehnten in den heißen Monaten eine Wettkampfserie (Sommer-Grand-Prix), doch Beachtung findet diese kaum. Die Aufnahme ins Programm der European Games stieß nun auch beim Gastgeber Polen auf viel Gegenliebe, haben doch deren Flugkünstler in der Vergangenheit etliche Erfolge erzielt. Die Frage, die sich nach dieser Premiere verstärkt aufdrängt: Eignen sich die Skisprungwettbewerbe in Zeiten des Klimawandels gar für die Olympischen Sommerspiele?
„Ich sehe keine Chance, dass Skispringen bei den Sommerspielen stattfindet, solange es noch Winterspiele gibt – und das sehen bestimmt 95 Prozent aller Springer auch so“, sagte die deutsche Skisprung-Ikone Sven Hannawald, 48, der Deutschen Presse-Agentur. „Winter-Olympia würde ich nicht opfern wollen“, erklärt Hannawald, die Wettbewerbe in den kalten Monaten des Jahres hätten „eine längere Geschichte, eine größere Historie.“ Wegen der Klimakrise gelten allerdings immer weniger traditionelle Wintersportorte als schneesicher. Von einem Zusatz-Angebot im Sommer neben den bewährten Springen im Winter hält der Vierschanzentournee-Gesamtsieger der Saison 2001/02 auch wenig: „Ich warne vor zu vielen Wettkämpfen und Ideen wie beim Biathlon, wo es zig Disziplinen gibt und jedes Jahr eine Weltmeisterschaft.“
Fragen müsse man sich auch, ob die Skisprung-Fans im Sommer genauso mitfiebern würden wie im Winter. „Am Ende des Tages sind im Sommer alle im Schwimmbad, essen Eis – und keiner schaut Skispringen“, sagte Hannawald. „Es gibt ein paar Sachen, die muss man abwägen, Für und Wider diskutieren.“
Für die Athleten, die ohnehin viele Trainingssprünge im Sommer absolvieren, sieht Hannawald keine großen Hürden. „Vom Ablauf her wären Springen im Sommer bei Olympia möglich, aber der Winter ist das Elementare. Darauf wird alles ausgerichtet“, erklärte er und ergänzte: „Die Planung, die Vorbereitung, das müsste man umstrukturieren, wenn man im Sommer in Topform sein will.“
Eigentlich hätte die Premiere der Männer von der Normalschanze in Zakopane bereits am Mittwochabend stattfinden sollen. Der zu starke Wind führte jedoch zum Abbruch des Wettbewerbs. Das wird zu jeder Jahreszeit ein Problem bleiben. (taz/dpa)
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