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Ärger in der BBC-FührungBoris' bester Freund

Erst flog auf, dass BBC-Chairman Richard Sharp Ex-Premierminister Boris Johnson einen Kredit besorgte. Jetzt räumt er freiwillig seinen Posten.

Richard Sharp vor dem Ausschuss für Digitales, Kultur, Medien und Sport des Unterhauses im Februar Foto: Jordan Pettitt/PA Wire/dpa

F alls jemand auf die Idee kommt, gepflegte Mauscheleien beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk kämen nur beim RBB vor, empfiehlt sich der Blick auf die leidgeprüfte BBC. Da musste vergangene Woche der Chairman, also in gewisser Weise der Verwaltungsratsvorsitzende, seinen Hut nehmen. Wobei er diesen Hut monatelang nicht gefunden hat. Denn dass Richard Sharp ein Gefolgsmann von Ex-Premierminister Boris Johnson ist und ihm und seiner Partei einen ganzen Haufen Gefallen getan hatte, war von Anfang an bekannt. Sharp gehört schließlich zu den Großen, was Parteispenden an die Konservativen angeht.

Gestolpert ist Sharp jetzt über einen Kredit von immerhin 800.000 britischen Pfund. Die brauchte allerdings nicht die Partei, sondern der ja immer mal wieder klamme Boris Johnson: Auch in Großbritannien verdient der Premierminister weniger als ein Intendant – und zwar erheblich weniger.

Während Johnson als Premier ein so genanntes „Entitlement“ in Höhe von 164.080 Pfund im Jahr hatte, wurde das Salär von BBC-Chef Tim Davie im September 2021 sogar nochmal von 450.000 auf sagenhafte 525.000 Pfund erhöht. Da können selbst deutsche In­ten­dan­t*in­nen nur von träumen. „Da bekommen sie wohl eher Alpträume und nehmen Abstand“, vermutet die Mitbewohnerin. „Sie wollen schließlich lieber mit ihren Stärken überzeugen.“

Die Regierung wollte an ihm festhalten

Sharp selbst kennt keine Geldprobleme. Er ist ehemaliger Goldman-Sachs-Banker und „independently wealthy“ wie das schön vornehm auf Englisch heißt. Die 160.000 Pfund, die ihm für den Teilzeit(!)job als oberster BBC-Aufseher zustehen, hatte er versprochen für karitative Zwecke zu spenden. Und natürlich verlieh er nicht selbst die Kohle, sondern brachte Johnson mit einem Freund zusammen, der weiterhelfen konnte. Beim Bewerbungsverfahren im Herbst 2020 um den Posten als BBC-Chairman vergaß Sharp dann dummerweise, seine Rolle bei der Nummer mit dem Kredit zu erwähnen. Was ihm im Nachhinein furchtbar leid tut.

„Diese Angelegenheit könnte von der guten Arbeit der BBC ablenken, wenn ich im Amt bliebe“, heuchelte Sharp in einem BBC-Video­statement zum Rücktritt. Wobei das am Amt kleben über Wochen der Plan war. Die Regierung unter dem heutigen Premierminister Rishi Sunak wollte sehr gern an Sharp festhalten. Die Sache mit dem Kredit war schließlich bereits seit Mitte Januar bekannt. Und wie hieß nochmal der Chef von Sunak, der in einem früheren Leben auch mal Banker bei Goldman Sachs war? Richtig, Richard Sharp natürlich.

Doch die Berichterstattung über den Kredit und die Fragen, die das Ganze aufwirft, waren am Ende zu mächtig. Die Regierung gab eine offizielle Prüfung in Auftrag. Und Sharp war weg vom BBC-Fenster Was auch mal wieder ein Hinweis darauf ist, wie wichtig engagierter Medienjournalismus ist. Hut ab!

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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