Regierungskrise in der Slowakei: Der Traum ist wohl aus
Präsidentin Zuzana Čaputová stand für Aufbruch und eine neue Slowakei. Nun dürfte ihr alter Gegenspieler Robert Fico vor der Rückkehr stehen.
A ls die Slowaken vor vier Jahren Zuzana Čaputová zu ihrer Präsidentin wählten, wurde für viele ein Märchen wahr. Das Gute in Gestalt der Bürgerrechtsaktivistin Čaputová hatte über das Böse, das das Land über Jahre hinweg im Griff hatte, gesiegt. Der Triumph Čaputovás half zudem auch, Sinn im Sinnlosen zu finden: die Morde an dem jungen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova Ende Februar 2018 hatten die größten Massendemonstrationen in der Geschichte der Slowakei ausgelöst, die die bisherige politische Elite samt Dauerministerpräsident Robert Fico von der Bühne jagten.
Die Schüsse hatten – anscheinend – das Ende der alten Slowakei eingeläutet, die Morde die Gesellschaft aufgerüttelt: für eine anständige Slowakei ohne Korruption, dafür aber mit demokratischer Ausrichtung. Für all das sollte Zuzana Čaputová stehen: jung und politisch unbelastet symbolisierte sie den Neuanfang der Slowakei – Galionsfigur und Hoffnungsträgerin der slowakischen Demokratie.
Doch der Traum ist wohl aus. Wenn im kommenden September eine neue Regierung gewählt wird, ist es wahrscheinlich, das Präsidentin Čaputová die Person zum Ministerpräsidenten des Landes ernennen muss, dessen politisches Ende ihren politischen Aufstieg erst möglich gemacht hat: Robert Fico. Denn die bürgerlich-liberale Regierung ist endgültig zerbrochen, bis zum Herbst wird eine Expertenregierung im Amt sein.
Der geschasste Regierungschef von damals ist zum politischen Stehaufmännchen geworden; dass er den kommenden Wahlkampf beherrschen wird, ist jetzt schon klar. Denn die „anständige Slowakei“, die Čaputová verkörpert, ist gescheitert. Seit seinem Fall befindet sich die Slowakei in einem Politchaos, in dem Ex-Regierungschef Fico für viele Stabilität bedeutet.
Dass Fico sich inzwischen zu einem prorussischen Polittroll entwickelt hat, scheint dabei nebensächlich zu sein. Die uneingeschränkte, auch militärische Unterstützung des Nachbarlandes Ukraine lehnen viele Slowaken inzwischen ab. Und darauf baut Fico bei den nächsten Wahlen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“