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JJ4 im Gehege in ItalienBraunbärin gefangen

Die 17-jährige Bärin, die einen Jogger angefallen und getötet hatte, ist von Wildhütern entdeckt worden. Ob das Tier am Leben bleibt, wird ein Gericht entscheiden.

Italien, Val Meledrio: Mitarbeiter des Trentiner Forstkorps bereiten den Transport vor Foto: dpa

Rom taz | JJ4 sitzt in Haft. Die Bärin, die am 5. April im norditalienischen Trentin einen jungen Jogger angefallen und getötet hatte, wurde am Montagabend von Wildhütern eingefangen und dann in ein Wildtiergehege gebracht.

Zwar hatte der Präsident der Provinz Trient, Maurizio Fugatti, eigentlich die umgehende Tötung der 17-jährigen Bärin angeordnet. Doch bis zum 11. Mai ist ihr Leben sicher, da das örtliche Verwaltungsgericht auf den Einspruch von Tierschutzverbänden hin den Vollzug aussetzte, um dann in der Hauptsache zu entscheiden.

Schon seit 1996 leben im Alpenraum des Trentin wieder Braunbären. Damals wurden einige aus Slowenien stammende Exemplare der Gattung dort im Rahmen des Projekts „Life Ursus“ angesiedelt, mit dem Ziel, am Ende dort wieder eine Bärenpopulation von 40 bis 60 Tieren heimisch zu machen. Doch die Tiere gediehen besser als erwartet – mittlerweile leben rund 120 Braunbären in der Region.

Für Menschen tödliche Vorfälle hatte es bis zum April dieses Jahres nie gegeben, doch JJ4 hatte schon im Jahr 2020 zwei Männer – Vater und Sohn – im Wald attackiert und verletzt. Und auch damals hatte der Präsident der Provinz ihren Abschuss angeordnet, war jedoch seinerzeit am Verwaltungsgericht gescheitert.

„Euthanasie“ statt Todesschuss

Zwei ihrer Brüder dagegen fanden schon vor Jahren den Tod. JJ1, in Deutschland als „Problembär Bruno“ bekannt geworden, war über Österreich nach Bayern ausgewandert und wurde dort im Jahr 2006 zur Strecke gebracht. Zuvor hatte er Tiere gerissen und Bienenstöcke geplündert; heute steht er ausgestopft im Museum Mensch und Natur in München. Nicht besser erging es JJ3, der im Jahr 2008 in der Schweiz erschossen wurde.

Das gleiche Schicksal will jetzt Provinzpräsident Fugatti auch für JJ4, auch wenn er für „Euthanasie“ statt für den Todesschuss plädiert; zudem hat er zwei weitere als gefährlich eingeschätzte Bären auf seiner persönlichen Abschussliste, und er fordert, generell den örtlichen Bärenbestand wieder auf rund 50 Exemplare – wie im ursprünglichen Plan vorgesehen – auszudünnen. Die Provinz sei gerne bereit, die anderen 70 Tiere an Wildreservate oder andere Staaten abzugeben, erklärte er.

Die Tierschutzverbände dagegen machen die verfehlte Politik der Provinzverwaltung verantwortlich. Nichts habe sie getan, um die Menschen über den richtigen Umgang mit Bären aufzuklären, nichts auch, um für die Tiere Wildkorridore einzurichten.

Fugatti aber kann auf die Unterstützung breiter Teile der Bevölkerung vor Ort rechnen: Zahlreiche Bürgermeister in den betroffenen Gemeinden drohten mit ihrem kollektiven Rücktritt, wenn der harte Kurs Fugattis am Verwaltungsgericht scheitern sollte. Nicht auf seiner Seite hat er dagegen die Mutter des am 5. April von JJ4 getöteten jungen Mannes. Sie sprach sich gegen die Tötung des Bären aus und forderte stattdessen die Provinz auf, selbstkritisch ihre misslungene Umsetzung des „Life Ursus“-Projekts zu überdenken.

Auch in Deutschland gibt es anscheinend wieder einen Bären. Im Süden Bayerns treibt sich offenbar ein Exemplar herum. In den Landkreisen Miesbach und Rosenheim seien vergangenes Wochenende nahe der Grenze zu Österreich Pfotenabdrücke im Schnee entdeckt worden, teilte das Bayerische Landesamt für Umwelt am Montagabend mit. Die Auswertung der Trittsiegel habe nun ergeben, dass es sich um die Spuren eines Braunbären handele. Nähere Angaben zu dem Tier seien auf Grundlage der Tatzenabdrücke nicht möglich.

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5 Kommentare

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  • Wenn man Kommentare hier liest, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Menschenleben für Tierfreunde eine untergeordnete Bedeutung haben.

    Ich habe viel im Internet mit solchen Menschen wie auch mit Veganern diskutiert. In mir verdichtet sich der Eindruck, dass diese Ideologien vor allem einfach nur der Kompensation von Menschenhass dienen.

    • @Erwin Schiebulski:

      Ach, herrlich, Sie machen aus bewusst vernünftigen Menschen, zB Biodiversität und Schutz für den Menschen in der Kette überlebensnotwendiger natürlicher Ressourcen, klingelt's?, erst Tierfreunde und dann Menschenhasser. OK, leben Sie mit dem Echo: Ich diskutiere viel mit Fleischfressern und Tierhassern. Ich habe den Eindruck, dass sie mit diesen Ideologien einfach nur Tierhass und, frei nach Sigmund Freud, dem Kurzen dienen. .. Danke für die Aufmerksamkeit. 👻

  • Dass die Provinz wenig oder gar nichts zur Aufklärung der Bevölkerung tut, ist schlicht falsch. Fordern die extremistischen Tierschützer etwa, dass in jedes Haus Ein 'Bärenaufklärer’ kommt? Oder soll man sich vor einem Gang in den Wald anmelden, um dann mit einem Bärfreund in den Wald zu gehen? Die Aufklärung ist schon seit vielen Jahren speziell in den betroffenen Gebieten vorhanden. Nur Desinteressierte können vom richtigen Umgang nichts wissen. Touristen müssen sich allerding aktiv um entsprechende Schriften kümmern - das Angebot ist da.

    Wie ein richtiger Umgang bei einer Zusammenkunft einer Familie mit einem Bären enden kann sollten sie mal in einem Video anschauen:



    www.youtube.com/watch?v=wD-wEbZbYho



    Geringste Entfernung 2 Meter!! Der Junge hat sehr gut reagiert!

    Im vergangenen Frühjahr waren es bereits über 100 Teddies. Im Artikel wird eine neue Zahl 120 (wohl für dieses Jahr) angegeben. Für die kleine Provinz ist das etwas zu viel! Konflikte hier und in der Umgebung sind vorprogrammiert. Ironisch: Soll sich doch jeder Extremist bereit erklären, einen Bareen ins Wohnzimmer ins Asyl zu nehmen.

    Wenn ein Bär mit Angriffen auf Menschen aufgefallen ist, wird er mit großer Wahrscheinlichkeit wieder einmal angreifen. Und wenn so ein Tier auf einen Läufer trifft, dann wird sein Jagdinstinkt besonders gefördert. Das ist der Fall für den Abschuss. Schon Karl May lobte den exzelleten Geschmack von Bärentatzen.

    Ich gehe immer noch ruhig in den Wald - und als vor einigen Jahren ein Teddy meine Bienenstöcke zerstörte, habe ich mit Gleichmut reagiert: Teddy gabs hier schon vor mir. Allerdings wurden die Trentiner Bären vor ca. 25 Jahren gabe es nur noch etwa 20 Bären im Trentino. Sie wurden um einige Exemplare aus der Slowakei ergänzt. Die verbliebenen 20 Bären drohten wegen Inzucht auszusterben. Seither vermehren sie sich gut - es geht ihnen aus Bärensicht recht gut!

  • Ich habe den Eindruck, dass, wenn man sie so zusammengefasst nennen kann, "die Menschen" erst zufrieden sind, wenn kein Baum, kein Grashalm und kein Tier mehr am Leben ist. Gefahren, wie die hier im Artikel zugrunde liegende, vom Bären .. OK, daneben stellen wir einmal Verkehrstote aller Angebote und Fallgestaltungen, oder tödliche Freizeitunfälle mit dem Gleitschirm pp., soweit kein "Verkehr". Finde den Fehler!, aber nicht beim Bären und nicht beim Rotkäppchen. "Mensch", du bist eine Umweltsau und lächerlich hoch drei.

  • Warum wird hier wieder Panikmache betrieben und die Anzahl der Bären höchstmöglich angegeben? Die genaue Zahl weiß man gar nicht. Lediglich dass es wahrscheinlich um die 100 Individuen sind, aber das wird natürlich von den Gegnern auch gerne übertrieben und die wollen natürlich alle vernichten. Auch Spuren im Schnee in Bayern klingt für mich nach Stimmungsmache, weil die ja schwer unabhängig zu überprüfen sind. Und in Umweltbehörden arbeiten nicht selten Prädatorenfeinde und Jäger wie man im Wallis beobachten konnte.