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Olympiaproteste in ParisCitius, altius, fort damit!

Gegen die Sommerspiele 2024 in Paris gab es von Anfang an Widerstand. Nun wird auch der Streit um die französische Rentenreform sportpolitisch.

Olympische Ringe vor dem Pariser Eiffelturm Foto: Ricardo Milani/imago

N och sind es 462 Tage bis zu den Olympischen Sommerspielen in Paris. Die Arbeiter am Fließband des sozialen Netzes „The Olympic Games“ dachten wohl, es wäre eine gute Idee, wenn sie auf dem Twitter-Kanal folgendes fragten: „Auf welchen Athleten bei @Paris2024 freut ihr euch am meisten?“ Der Kanal hat 15,8 Millionen Follower, doch die Antworten fielen nicht so aus, wie sich das die Promotoren Olympias erwartet hatten, denn der Tweet wurde förmlich von Trollen gekapert, wobei das Wörtchen Troll etwas despektierlich daherkommt.

Man könnte auch sagen: Die Leute in Paris, ja in ganz Frankreich konnten mit der Frage nichts anfangen, weil sie grade anderes im Sinn haben als Unterhaltung und Sport. In Frankreich revoltiert das Volk gegen eine als ungerecht empfundene Rentenreform. Es gärt und brodelt. Und manchmal brennt es auch in den Straßen.

Weil Bilder die stärkste Botschaft vermitteln, wurde zuerst ein Vermummter gepostet, der eine Tränengaskartusche mit einem Tennisschläger mutmaßlich in die Reihen der Polizei zurückschießt. Dann surfte ein nackter Mann über eine Menschenmenge, auch dies ein Akt der Insubordination, der die heile Welt der Ringe-Bewegung konterkarieren soll. In Plakat-Adaptionen der Paris-Spiele springen Hürdenläufer einmal über einen großen Müllhaufen, und ein andermal ist eine apokalyptische Szene mit brennenden Barrikaden zu sehen. Untermalt wird das mit dem Hashtag PasDeRetraitPasDeJO: kein Rückzug, keine Olympischen Spiele.

Beliebt als Antwort auf den Tweet ist auch ein Video, das den ehemaligen Boxer Christophe Dettinger zeigt, wie er vor einigen Jahren Polizisten in voller Montur mit bloßen Fäusten bekämpfte. Dettinger wurde zu einem kleinen Helden der Gelbwesten-Bewegung. Angeklagt und verurteilt wurde der ehemalige französische Meister trotzdem. Kurzum: Der zivile Ungehorsam steht einem naiven Eventismus entgegen. Die im Grunde treudoofe Frage der Olympiafuzzis wird nach allen Regeln der Trollkunst auseinandergenommen.

Die Basis hat offensichtlich die Lust an den Olympischen Spielen verloren. Das wurde von der Obrigkeit feinsinnig registriert, von Organisatoren, die Angst haben dürften vor einer Politisierung der Spiele. Im Sportministerium sprach man daher auch von einem „schwachen Signal“, das aktuell durch die Netze wabere. Vorsichtshalber erinnerte die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra, eine ehemalige Tennisspielerin, daran, dass es die Spiele der Franzosen und der Sportler seien, „auf keinen Fall die Spiele des Staates oder der Regierung“.

Die Gewerkschaften Confédération Générale du Travail (CGT) oder Fédération Syndicale Unitaire (FSU) hätten freilich nichts dagegen, wenn sich der Protest gegen die Rentenreform mit einem Widerstand gegen die Olympiaschen Spiele amalgamiert. So bekämen die Demos womöglich neuen Zulauf und eine neue Stoßrichtung. Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, möchte denn auch nicht, dass die Spiele „als Geisel“ genommen werden. Die Pariser sollten mal schön runterkommen, als Nation zusammenstehen und das Sportfest als Sportfest begreifen.

Es ist aber auch ein Kreuz mit dem Pöbel: Warum kann er sich nicht einfach freuen auf Fechter, Breakdancer oder Leichtathletinnen? Ihm wird die Rente gekürzt, er kämpft gegen Inflation? Oh mon Dieu, labe er sich am Wettstreit der Jugend der Welt. Et arrêtez maintenant!

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Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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1 Kommentar

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  • Ich dachte die Sommerspiele in Paris waren bereits vor zwei Jahren.