FC-Bayern-Manager Hasan Salihamidžić: Zwischen Welt- und Kreisklasse
Salihamidžić steht als Sportvorstand des FC Bayern zunehmend infrage. Verliert das Team gegen Manchester City, wird es eng für ihn.
Es ist auch nicht bekannt, dass Vereinschef Oliver Kahn oder Sportvorstand Hasan Salihamidžić vor dem Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Manchester City an diesem Mittwoch hinter verschlossenen Türen gewütet hätten. Vermutlich wäre so etwas längst nach außen gedrungen, so wie derzeit bei den Bayern so vieles nach außen dringt, was besser intern geblieben wäre. Auf der anderen Seite ist es das Schweigen der Führungsriege, das irritiert.
Es geht nicht um Rumpoltern oder eine medienwirksame Schelte, die vom eigentlichen Problem ablenkt, sondern darum, in einer misslichen Situation, an der Kahn und Salihamidžić nicht unschuldig sind, Stellung zu beziehen. Kahn sieht seit seinem Amtsantritt 2021 seine Aufgaben beim FC Bayern eher nicht im Alltagsgeschäft.
Die Kommunikation überlässt der frühere Torwart lieber Salihamidžić. Der aber umkurvte am Samstag nach dem Remis gegen Hoffenheim, das wenig Hoffnung auf ein Fußballwunder gegen City machte, um das 0:3 aus dem Hinspiel aufzuholen, die Interviewzone.
Dann ruft Uli Hoeneß an
Nicht der Trainer ist in diesem Fall das Gesicht der Krise, sondern die Entscheider. Zu denen zählt zuvorderst Salihamidžić. Seit er vor sechs Jahren vom Markenbotschafter zum Sportdirektor befördert worden war und später zum Sportvorstand, könnten die Amplituden bei der Bewertung seiner Arbeit kaum größer sein.
Von Anfang an wurde der ehemalige Bayern-Profi kritisch beäugt. Er hatte mit dem Ruf zu kämpfen, dass er den Job vor allem bekam, weil Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge sicher sein konnten, in ihm einen dankbaren Angestellten zu haben. Salihamidžić wollte es allen recht machen – und gab deshalb oft in der Außenwirkung kein gutes Bild ab. „Im Rückblick lässt sich sagen, dass ich mich hätte klarer positionieren müssen“, sagte er einmal in der Zeit.
Als Salihamidžić’ größer Coup galt lange die Verpflichtung von Alphonso Davies, wobei es auch da verschiedene Meinungen gab, wer das Talent aus Kanada entdeckt hatte. Als er nach dem Champions-League-Sieg 2020 ein paar Spieler, mit denen nicht nur der damalige Trainer Hansi Flick nichts anfangen konnte, für zum Teil viel Geld holte und es zum Zerwürfnis zwischen beiden kam, war das Image am Boden.
Wer sich allerdings damals erdreistete, Salihamidžić zu kritisieren, musste mit einem Anruf vom Tegernsee rechnen. Hoeneß griff gerne zum Telefon, um mitzuteilen, Salihamidžić leiste „überragende Arbeit“. Doch im vergangenen Sommer konnte Hoeneß das Mandat als Anwalt von Salihamidžić niederlegen.
Plötzlich stieg der Sportvorstand vom bis dahin schlechtesten Manager zum gefühlt besten Manager der Liga, wenn nicht Europas oder der Welt, auf. Er konnte Sadio Mané und Matthijs de Ligt nach München locken, zwei Weltstars. Nebenbei wurde er noch ein paar Ladenhüter für gutes Geld los. Dass der eine, Mané, schon 30 Jahre war und der andere, de Ligt, nach seiner Entdeckung bei Ajax eher bescheidene Jahre in Italien hinter sich hatte – geschenkt!
Aber nun schlägt das Pendel wieder in die andere Richtung aus, weil die Personalpolitik doch nicht so schlüssig war wie gedacht und sich in der entscheidenden Phase die Defizite des Kaders zeigen.
Außerdem erwies sich der Trainerwechsel als Rohrkrepierer, ganz zu schweigen von der desaströsen Kommunikation in dieser Angelegenheit. Wenn die Münchner wie erwartet am Mittwoch ihren letzten Auftritt in der Champions League haben, die Mannschaft sich gar vorführen lassen muss von Pep Guardiolas Team, dann wird es eng für Salihamidžić. So eng wie noch nie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Etgar Keret über Boykotte und Literatur
„Wir erleben gerade Dummheit, durch die Bank“
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Ost-Preise nur für Wessis
Nur zu Besuch