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Umgehung von Russland-SanktionenHabeck will Verstöße beenden

Laut Bundesregierung gelangen trotz Sanktionen Güter aus Deutschland nach Russland. Nun sollen Exporte über Länder wie die Türkei erschwert werden.

„Es ist also offensichtlich, dass hier Sanktionen umgangen werden“, so Robert Habeck Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz/dpa | Das Bundeswirtschaftsministerium will die Umgehung der Sanktionen gegen Russland erschweren. Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass EU-sanktionierte Güter „in erheblichem Maß“ aus der EU und damit auch aus Deutschland in bestimmte Drittländer ausgeführt und von dort nach Russland weiter exportiert werden, heißt es in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Papier des Wirtschaftsministeriums. Zuvor hatten RTL und n-tv darüber berichtet.

„Diesen Umgehungsaktivitäten müssen wir uns gemeinsam effektiver als bislang entgegenstellen, auf nationaler Ebene und auf Ebene der EU.“ Dies solle im Fokus eines elften Sanktionspakets stehen. Dafür werde sich das Ministerium in enger Abstimmung mit den anderen Ressorts der Bundesregierung einsetzen. Das Ressort spricht vom „drängenden Problem“ der Sanktionsumgehung.

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine vor einem Jahr hat die EU neun Sanktionspakete gegen Russland auf den Weg gebracht. Das zehnte ist in den Schlussberatungen, es soll sich vor allem auf sogenannte Dual-Use-Güter fokussieren, also Alltagsprodukte wie Kühlschränke oder Waschmaschinen, deren Teile auch eine Rolle für die Kriegswirtschaft spielen können.

Das elfte soll nach den Plänen des Wirtschaftsministerium unterbinden, dass Sanktionen umgangen werden können. Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass sich nicht alle Unternehmen an die Sanktionen hielten. Als problematisch werden vor allem Komponenten für die Rüstungs-, Energie- und Weltraumindustrie angesehen. Im Verdacht stehen Staaten wie die Türkei, China oder Indien, die sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligen.

Elektronik-Bauteile über die Türkei nach Russland

Auch über Drittländer wie Kasachstan oder Armenien sollen Produkte nach Russland gelangt sein – auch aus Deutschland. Anfang Februar durchsuchte die Kölner Staatsanwaltschaft die Geschäftsräume einer Firma aus Kerpen bei Köln, die über die Türkei weiter Elektronik-Bauteile nach Russland verschifft haben soll.

Habeck sagte im „Frühstart“ von RTL und ntv, aus Ländern, die nicht von Sanktionen erfasst seien, gehe die Lieferung von Lastwagen, Pickups oder anderen Geräte nach Russland seit Kriegsbeginn steil nach oben. „Es ist also offensichtlich, dass hier Sanktionen umgangen werden“, so der Grünen-Politiker. „Das geht nicht, das gehört sich nicht und das muss auch unterbunden werden.“

Das elfte Sanktionspaket der EU soll Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. So sollen Exporte in bestimmte Drittstaaten nur noch bei Abgabe von „Endverbleibserklärungen“ im Rahmen der Ausfuhranmeldung möglich sein. „Das gilt für alle sanktionierten Güter, die von Bedeutung für die russische Kriegsmaschinerie sind. Dafür setzen wir uns auf EU-Ebene ein und passen die nationalen Regularien an“, heißt es. Vorsätzliche Falschangaben sollten künftig europaweit eine Straftat sein.

Zudem will das Habecks Ministerium die Unterstützung möglichst vieler Staaten gewinnen, um die Schlagkraft der Sanktionen zu erhöhen. Dafür sollten diplomatische Anstrengungen mit dem neuen EU-Sanktionskoordinator und internationalen Partnern verstärkt werden. Der Wegfall von Zollerleichterungen könne Ländern Anreize zur Zusammenarbeit geben, die bislang nicht kooperierten.

Auch soll die Umgehung von Sanktionen stärker bestraft werden, wie es weiter heißt. So setze man sich in Brüssel dafür ein, „bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten als Empfänger sanktionierter Güter auszuschließen“. Zudem will die Bundesregierung Hinweise auf Sanktionsverstöße stärker fördern. Dafür ergänze man die EU-Sektorsanktionen mit einer Informationsoffenlegungspflicht, die sich an jedermann richte. Wer „sanktionsrelevante Informationen“ habe, müsse diese den Behörden melden.

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