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Bestechungsverfahren in ItalienBerlusconi kommt erneut davon

Berlusconi, bekannt durch „Bunga-Bunga-Partys“ mit Minderjährigen, soll in einem Justizverfahren Zeu­g*in­nen gekauft haben. Er geht straffrei aus.

„Bunga-Bunga“ wird unmissverständlich mit Berlusconi assoziiert – selbst im Wahlkampf Foto: rtr

Rom taz | Freispruch statt der von der Staatsanwaltschaft beantragten sechs Jahre Knast: Wie schon so oft zuvor ist Silvio Berlusconi erneut in einem Prozess ungeschoren davongekommen.

Das am Mittwoch gefällte Urteil des Mailänder Gerichts, vor dem sich Berlusconi gemeinsam mit 25 weiteren Angeschuldigten verantworten musste, galt dem Vorwurf, er habe sich der Bestechung in einem Justizverfahren schuldig gemacht, sprich: Er habe Zeu­g*in­nen gekauft.

Worum es genau ging, zeigte schon der Name, mit dem der Prozess in der italienischen Öffentlichkeit bekannt ist: „Ruby ter“, sprich das dritte Verfahren rund um Ruby. Jene Ruby heißt im bürgerlichen Leben Karima El Mahroug, und die junge, heute 30-jährige Frau verkehrte mit 17 Jahren, sprich als Minderjährige, am Hof Berlusconis, der seinerzeit regelmäßig dutzende Mädchen für seine „Bunga-Bunga-Partys“ anheuern ließ und sie offenkundig auch großzügig bezahlte.

Zum Skandal wurde die Geschichte, als El Mahroug nach der Schlägerei mit einem anderen Mädchen in Mailand von der Polizei festgenommen wurde – und als der damalige MinisterpräsidentBerlusconi selbst dann mit einem Anruf beim Mailänder Polizeipräsidenten ihre umgehende Freilassung durchsetzte.

Wusste Berlusconi, dass „Ruby“ minderjährig war?

Zum Fallstrick wurde ihm allerdings, dass „Ruby“ noch nicht volljährig war; dies brachte ihm die Anklage wegen Prostitution einer Minderjährigen ein. In jenem Prozess gab es dann zwar am Ende einen Freispruch, weil das Gericht nicht als erwiesen ansah, dass Berlusconi um das wirkliche Alter El Mahrougs wusste.

Doch zugleich sah die Staatsanwaltschaft starke Indizien dafür, dass El Mahroug sowie zahlreiche der anderen als Zeuginnen angehörten Teilnehmerinnen der Bunga-Bunga-Partys kräftig von Berlusconi geschmiert worden waren, um die Richter anzulügen und stattdessen die Version des Angeklagten von den „eleganten Abendessen“ bei sich zu Hause zu untermauern.

Deshalb wurde Berlusconi samt zahlreichen Zeuginnen der Bestechung und Bestechlichkeit in einem Justizverfahren angeklagt, in jenem Prozess, der jetzt nach sechs Jahren Dauer mit Freisprüchen für alle endete.

An den Finanztransaktionen gibt es keinen Zweifel. Doch das Gericht warf mit dem jetzt gefällten Freispruch der Staatsanwaltschaft vor, sie sei unkorrekt mit den Zeuginnen umgegangen. Den Ermittlern sei nämlich schon in den beiden ersten Prozessen klar gewesen, dass die jungen Frauen potentielle Beschuldigte seien; entsprechende Ermittlungen gegen sie seien damals schon gelaufen. Deshalb hätten sie aber nicht als einfache Zeuginnen – mit der Verpflichtung, wahrheitsgetreu auszusagen – in den vorherigen Ruby-Prozessen vernommen werden dürfen, sondern als potentiell Beschuldigte, die als solche die Aussage hätten verweigern dürfen.

Berlusconi werde „politisch verfolgt“, so seine Partei

Damit aber waren all jene laut Staatsanwaltschaft gekauften Zeugenaussagen, auf die sich jetzt die Anklage stützte, nicht mehr im Prozess verwertbar, und dem Gericht blieb nichts anderes als der Freispruch. Berlusconi bleibt straffrei, auch wenn in der Sache keineswegs festgestellt wurde, dass er nicht zu Bestechung gegriffen und – so die Anklage – gut 10 Millionen Euro lockergemacht hat, fünf Millionen davon allein für Karima El Mahroug, um sich ihm passende Aussagen zu erkaufen.

Dennoch tönten am Mittwoch unmittelbar nach Verkündung des Freispruchs diverse Po­li­ti­ke­r*in­nen aus Berlusconis Partei Forza Italia, erneut zeigte sich, dass die Justiz den mittlerweile 86-jährigen Milliardär „politisch verfolgt“ habe, weshalb jetzt im Parlament ein Untersuchungsausschuss gegen die Staats­an­wäl­t*in­nen eingesetzt werden müsse, und auch die Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die Berlusconi zu ihren Koalitionspartnern zählt, sprach von einer „sehr guten Nachricht“.

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