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Ein paar Stunden die Welt aussperrenVom Glück der Gastgeberin

Planen, vorbereiten und den Erwartungen gerecht werden. Als Gastgeberin gibt es viele Möglichkeiten zum Fehlermachen. Aber auch viele zum Entspannen.

Der kleine Kreis in der Küche statt der großen, verknoteten Kreise des Weltgeschehens Foto: Dasha Petrenko/imago

D ass ich keine besonders gute Gastgeberin bin, habe ich immer gesagt, bis ich es geglaubt habe. Besonders gute Gastgeberinnen folgen keinem exakten Plan, sie sind intuitiv, flexibel, kümmern sich um alles und sehen dabei aus, als kümmerte sie nichts.

Bei meiner Oma hing diese Leichtigkeit als gesticktes Mantra an der Küchentür: Fünf sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen. Ich hingegen habe noch nie für mehr als drei gekocht und besteige schon Wochen vorher ein High-Speed-Gedankenkarussell. Reicht ein Kilo Mehl? Warum habe ich nicht an Vorspeisen gedacht? Ist 19.30 Uhr besser als 19 Uhr? Brauchen wir Sitzkissen? Und war ich schon immer so spießig?

Dabei ist es eigentlich einfach. Einladen, kochen und werden lassen. Die Bedingungen sind gut: Es gibt zwei riesige Töpfe und zehn Sitzgelegenheiten. Der Moment ist günstig: Neujahr ist nicht lange her und alle haben Zeit. Und das Bedürfnis ist groß: Im Februar erstarren unsere Gesichter in der Kälte, aber beim Kochen öffnet Wasserdampf die Poren.

Meine Anspannung wird kleiner, weil das alte Bettlaken auf den Tisch passt und ein Fleck darauf mich an ein sehr gutes Silvester erinnert. Und weil die Blumen gut aussehen neben den mandarinenfarbenen Kerzen. Weil der Wein schmeckt, weil der Teig ruht, weil hier etwas für den Moment viel richtiger ist, als es im besten Restaurant je sein könnte.

Wenn sich die Stimmen mischen

Wir schneiden Knoblauch, Ingwer und grünes Blattgemüse. Früher habe ich den Tanten zugesehen, wie sie alles ganz fein hackten, bevor es unter das Fleisch gehoben wurde. Menschen finden großes Glück darin, liebgewonnene Gewohnheiten an ihre Kinder oder die nächste Generation weiterzugeben.

Aber Wichtiges kann man auch in Freundschaften vererben, nicht nur denen, die nachkommen, sondern auch den Gleichzeitigen. Leuten, mit denen man die Gegenwart teilt. Wichtiges – das heißt heute nur, den Teig nicht zu dick auszurollen und dann die Füllung sicher einzuschließen.

Ich öffne die Tür, umarme, stelle vor, stoße an und bringe das Wasser zum Kochen. Du sagst: So eine schöne Idee. Einladen, kochen, essen, reden, zusammen sein. Ich denke, dass du recht hast. Einen kleinen Kreis in der Küche bilden, während die großen Kreise auf der Welt so verknotet sind. Teller herumgeben, Gläser nachfüllen, sich den Gaumen verbrennen. Mitreden, zuhören und dann in Gedanken abschweifen, weil das immer passiert, wenn man zu lange im Kerzenlicht sitzt. Menschen versammeln, die man mag. Der Moment, wenn sich bekannte Stimmen zum ersten Mal mischen. Das Weltgeschehen für ein paar Stunden aussperren und neue Bettlakentischdeckenflecken machen.

Beim Abwasch fällt mir auf, dass in mir lange nicht mehr so wenig Karussell gewesen ist. Dass ich eine Gastgeberin geworden bin, vielleicht noch keine besonders gute. Aber eine, die das unbedingt wieder tun will.

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Lin Hierse
taz-Redakteurin
Lin Hierse ist Redakteurin der wochentaz und Schriftstellerin. Nach ihrem Debüt "Wovon wir träumen" (2022) erschien im August ihr zweiter Roman "Das Verschwinden der Welt" im Piper Verlag. Foto: Amelie Kahn-Ackermann
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1 Kommentar

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  • Schmunzel “…Mantra an der Küchentür: Fünf sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.“ Liggers.



    Mal nachgraben - nix gestickt - Geschirrspülhandtuch!



    Nur ist die Küchentür in Westfälisch Sibirien geblieben!



    Und in Kölle - einem Vorhang gewichen - 🙀🥳 -

    Na Mahlzeit 😋