Vize-Premierminister in Vietnam: Spekulationen um Rücktritte

In Vietnam haben die beiden stellvertretenden Premierminister ihr Amt niedergelegt. Einige zweifeln an der Freiwilligkeit.

Portrait

Der inzwischen entlassene stellvertretende Premierminister Vietnams Pham Binh Minh Foto: Laura Jarriel/UN/imago

BERLIN taz | Das vietnamesische Parlament hat am Donnerstag die beiden stellvertretenden Premierminister Pham Binh Minh und Vu Duc Dam aus ihren Ämtern entlassen – offiziell auf eigenem Wunsch. Die beiden Männer gaben auch ihre Parlamentsmandate auf. Bereits am 30. Dezember waren sie aus dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei ausgeschieden, dem höchsten Parteigremium.

Die Abstimmung über die Rücktritte war jedoch nicht einstimmig – ein Indiz dafür, dass einige Parlamentsabgeordnete die Freiwilligkeit des Rücktritts anzweifeln.

Pham Binh Minh war der höchste vietnamesische Funktionär für Außenpolitik, denn er stand nominell über dem Außenminister. Er stammt aus einer hoch angesehenen Politikerfamilie, sein Vater war Außenminister während des Vietnamkrieges. Vu Duc Dam war der höchste Funktionär für die Bekämpfung der Coronapandemie in Vietnam.

Weil die Rücktritte offiziell nicht begründet wurden, wird in den sozialen Netzwerken und in der Exilpresse heftig darüber spekuliert. So standen Pham Binh Minh und Vu Duc Dam unter Druck, weil zahlreiche ihrer Mitarbeiter unter Korruptionsverdacht stehen. Auch wurde Kritik laut, weil im Ausland lebende Vietnamesen während des Lockdowns Rückflüge nach Vietnam nur gegen hohe Bestechungsgelder erhalten konnten. Ende 2022 gab es in dem Zusammenhang 30 Festnahmen, darunter der ehemalige Botschafter in Japan. Gegen den amtierenden Außenminister Bui Thanh Son wird ermittelt.

Druck auf „westlich denkende“ Politiker

Auch im Zuge der Coronabekämpfung gab es Korruptionsvorwürfe: Hohe Gesundheitspolitiker sollen von der vietnamesischen Firma Viet A Bestechungsgelder angenommen und deren minderwertige und international nicht zugelassene Coronatests im Inland vertreiben lassen haben. Behörden in Vietnam haben sogar wider besseres Wissen behauptet, die Testkits seien von der Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannt worden. Vor einem Jahr wurde deshalb das Führungspersonal der Firma, der Gesundheitsminister, mehrere regionale Gesundheitspolitiker und der Bürgermeister der Hauptstadt Hanoi festgenommen.

Der Rücktritt der beiden Politiker lässt sich aber auch in einem anderen Kontext sehen. Sie waren die beiden Letzten in Vietnams oberster Führung, die in westlichen Staaten ausgebildet wurden – sie hatten in den USA bzw. in Belgien studiert. Seit der Wiederwahl von Staatsoberhaupt Xi Jinping im Nachbarland China im Oktober an die Parteispitze bekommen in Vietnam China-treue Hardliner wie Innenminister To Lam noch mehr Rückenwind, als sie ihn ohnehin seit dem Parteitag 2016 haben. Politiker, die „westlich“ denken, stören da. Sie werden in staatlichen Medien zunehmend diffamiert.

„Wer eine westliche Fremdsprache spricht, fährt zur Hölle“, ist ein Post, der sich seit dem 30. Dezember in Vietnamesisch-sprachigen sozialen Netzwerken rasant verbreitet. Darunter abgebildet sind Fotos der „zurückgetretenen“ Politiker. Ein weiterer Hinweis folgt: Man solle lieber „ein bisschen Chinesisch und ein bisschen Russisch“ lernen.

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